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perec ::: die ins Auge gefasste Sache

Einführendes Kapitel sehr meta und gedankenvoll über das Puzzeln … und vermutlich die Welt …

»… die ins Auge gefasste Sache – ob es sich um einen Akt der Wahrnehmung, einen ersten Versuch, ein physiologisches System oder in dem uns interessierenden Fall um ein Holzpuzzle handelt – ist keine Summe von Elementen, die man zuerst einmal aussondern und analysieren müsste, sondern eine Gesamtheit, das heißt eine Form, eine Struktur: Das Element existiert nicht vor dem Ganzen, es ist weder gleichzeitig noch älter, es sind nicht die Elemente die das Ganze bestimmen, sondern das Ganze bestimmt die Elemente. Die Kenntnis des Ganzen und seiner Gesetze, der Gesamtheit und ihrer Struktur könnte nicht aus der gesonderten Kenntnis der sie zusammengesetzten Teile abgeleitet werden: … dass man den Baustein eines Puzzles drei Tage lang ansehen und glauben kann, alles über seine Konfiguration und seine Farbe zu wissen, ohne auch nur im Entferntesten weitergekommen zu sein. … nur die zusammengefügten Teile erlangen die Eigenschaft der Lesbarkeit, bekommen einen Sinn: Einzeln betrachtet hat der Baustein eines Puzzles keine Bedeutung; er ist nur eine unmögliche Frage, eine undurchsichtige Herausforderung; doch kaum ist es gelungen … in einer ungewöhnlich inspirierten Halbminute … zu verbinden, verschwindet der Baustein, hört auf als Baustein oder Einzelteil zu existieren: Die gewaltige Schwierigkeit die diesem Zusammenrücken vorausgegangen ist und die das Wort Puzzle – Rätsel – auf Englisch so treffend kennzeichnet, hat nicht nur keine Daseinsberechtigung mehr, sondern scheint nie eine gehabt zu haben, so sehr ist sie Selbstverständlichkeit geworden: Die beiden auf wunderbare Weise miteinander vereinigten Bausteine sind zu einer Einheit geworden, die nun ebenfalls Ursache für Irrtum, Zögern, Verwirrung und Hoffen ist.«

… und unsere Welt ist in gewisser Weise genau andersrum, und doch geht alles in ihr auch aus einem Ganzen hervor. Vgl. auch Wissenschaft. Schön auch die Beispiele, wie die Schwierigkeit über die Motivzonen schwankt, an den Rändern, Lichtflecken, klar eingekreiste Gegenstände, bis zu »widerwärtigen Schwierigkeiten, … wolkenlosem Himmel, … Sand, … Wiese, … Schattenzonen«.

(Georges Perec, Das Leben Gebrauchsanweisung)

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perec ::: eingerichtete Wege begehen

»Das Auge begeht die ihm im Werk eingerichteten Wege«

(Zitat von Paul Klee, Pädagogisches Skizzenbuch,
in Georges Perec, Das Leben Gebrauchsanweisung)

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thoreauvian ::: sich selbst zerstreuen

»Flint’s Point … ein Spaziergang zu ihm hin auf Indianerpfaden durch den Wald ist sommers wie winters eine angenehme Zerstreuung.«

(Henry D. Thoreau, Tagebuch II)

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thoreauvian :::Herbsttiefe

Damals im Spätsommer. Die sich schnell senkende Taunässe bringende Dunkelheit lässt uns alle etwas betrübt das nahende Gefühl spüren, dass der Sommer sich wieder neigen wird. Und später Hr. Thoreau … »Der Herbst hat eine Tiefe, die keine Dichtung ausgelotet hat – Hinter dem raschelnden Laub – und den Getreideschobern – und den Weintrauben ohne Laub – bin ich empfänglich für ein gänzlich neues Leben – das noch kein Mensch gelebt hat. Mein Glaube wird durch das gelbe Blatt genährt. Wer kann im Oktober den im Wald raschelnden Wind hören, ohne zu glauben dass diese Erde noch geheimnisvollere und edlere Bewohner als Faune und Satyrn, Elfen und Feen hat. – in den schwindenden Farben des Sonnenuntergangs sehen wir das Tor zu anderen Wohnungen im Haus unseres Vaters.« Anschließend ein Gedicht dass in englisch verbleibt »the winter is lurking in my moods«

(Henry D. Thoreau, Tagebuch II)

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auster ::: winzige Winkel der Zeit

»… Auggie fotografierte die Zeit, wurde mir klar, sowohl die natürliche Zeit als auch die menschliche Zeit … indem er sich in einem winzigen Winkel der Welt postierte und ihn in Besitz nahm …«

(Paul Auster, Auggie Wren)

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thoreauvian ::: Parzellen und Rabatten des Waldes

in der Zeitenwende vom Jägerdasein zum Gartendasein. »Gärtnern ist zivilisiert und gesellig, doch fehlt ihm die Kraft und die Freiheit des Waldes und des Außenseiters. … die heldenhaften Wege sind rau und in anderer Hinsicht zurückgezogen, und wer sie betritt studiert seine Parzellen und Rabatten in den Sternen …«

(Henry D. Thoreau, Tagebuch II)

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thoreauvian ::: wachstum beziffern

»Warum sollte das Gegenwärtige uns so viel aufbürden? Ich sitze jetzt auf einem Baumstumpf dessen Jahresringe Jahrhunderte des Wachstums beziffern.« … und sogar der Boden selbst besteht aus diesen Stümpfen. Sein Stock stößt viele Äonen in die Oberfläche. Das Quaken der Frösche scheint ihm älter als der Schlamm Ägyptens. Ein fernes Rebhuhn hört er auch, das auf einen Baumstamm trommelt. Als wäre es der Pulsschlag der Sommerluft.

(Henry D. Thoreau, Tagebuch II)

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Sprache ::: graue Vorzeit bis Vorstadt, zu viele Vorstellungen

»Die Sprachmaschine gestattet es so ziemlich jedem – vom prämodernen Jäger in grauer Vorzeit bis hin zu postmodernen Intellektuellen in grauer Vorstadt –, diese bedeutungslosen Laute zu einer unendlichen Vielfalt subtiler Bedeutungen zu verknüpfen, und das alles anscheinend ohne die geringste Mühe.«

Frage nach Zeitpunkt des Ich-Tarzan-Stadiums der Sprache? »vor 40000 Jahren, vor 100000 Jahren oder sogar noch früher? Davon hat unglücklicherweise kein Mensch eine Vorstellung (oder genauer gesagt, allzu viele Leute haben davon allzu viele Vorstellungen).«

(Guy Deutscher, Die Evolution der Sprache)

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knausgård ::: batrium, inne & ute

»… helt fra jeg var liten hadde jeg vært fascinert av forholdet mellom inne og ute, når det som skulle være inne var ute, og omvendt. Et av det mest hypnotiske minnene jeg hadde var den gangen jeg og Geir hadde kommet over en kjeller i et halvferdig hus som var full av vann. … vann, inne

(Karl Ove Knausgård, Min Kamp 5)

… mehr Backstein

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thoreauvian ::: sich selbst wie zwirn auswerfen

»Reden ist etwas ganz eigentümliches. — Die häufigste Reaktion, wenn Männer oder Frauen zusammenkommen, ist Reden … Diese Eigentümlichkeit des Menschengeschlechts kann als erwiesen gelten …

… Ich habe es bisweilen erlebt, wie ein zielgerichtetes Schweigen bedrohliche und unangenehme Leute in die Flucht geschlagen hat. Man sitzt sinnend da, als wäre man wieder in der weiten Natur. – Das können sie nicht ertragen … so viel Menschheit ringsum gegenüber einem, der keine Verkleidung hat – nicht einmal in der Rede! …

… Manchmal erwartet mein Freund ein paar Sätze von mir … meint er habe seine Meinungen abgeliefert und nun sei ich an der Reihe …

… die Menschen tun manchmal so als könnten sie sich selbst vom Ende der Zunge als Zwirnstücke auswerfen.«

(Henry D. Thoreau, Tagebuch II)

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thoreauvian ::: unerschöpflichen Gebrauch vom Leben

»Gewöhnlich machen wir sparsamen Gebrauch vom Leben, wir haushalten mit ihm, als wäre es knapp und lassen Vorsicht walten, doch gelegentlich sehen wir, wie groß und unerschöpflich der Vorrat ist, von dem wir so knausrig nehmen. – und wir lernen dass wir nicht vorsichtig zu sein brauchen – dass wir verschwenderisch sein können, und alle Unkosten werden beglichen.«

(Henry D. Thoreau, Tagebuch II)

Sechzehn Stieglitze stieben durch die Luft, und eine Zitatwelle schwemmt mich klatschblau ans Ufer, trägt mich vom Gewöhnlichen durch die Nacht das dadurch ungewöhnlich wird, und zu mondhell beschienenen Herbstklatschblattpappeln.

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thoreauvian ::: Überdosis Fluss

»Bäume sind bloß Flüsse von Saft und Holzfasern, die aus der Atmosphäre her fließen und sich durch ihre Stämme in die Erde ergießen – während ihre Wurzeln aufwärts zur Oberfläche strömen. Und am Himmel gibt es Sternenflüsse und Milchstraßen. – Es gibt Felsflüsse an der Oberfläche …«

(Henry D. Thoreau, Tagebuch II)

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knausgård ::: kvelden skilles detaljer

»alle lysene … bli tydligere … etter som kvelden falt … jeg var fylt med en stille jubel, det var akkurat dette jeg elsket mest av alt, det vanlige og kjente, motorvei, bensinstasjon, kafeteria, som likevel ikke var kjent, overalt var detaljer som skilte seg fra dem jeg var vant med.«

(Karl Ove Knausgård, Min Kamp 5)

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woolf ::: m.o.n.d. : klatschblau :: herbstbäume

»Die Herbstbäume leuchten im gelben Mondlicht, im Licht der Erntemonde, dem Licht das harte Arbeit milde überglänzt und glättend über Stoppeln streicht und die Welle klatschblau ans Ufer trägt …

… dann, da sie müde war, war sie, während ihr Inneres sich immer noch mit dem Meer senkte und hob, der Geschmack und der Geruch den Orte nach langer Abwesenheit an sich haben, sie gefangenhielten, die Kerzen in ihren Augen flackerten, sich selbst entglitten und untergegangen. Es war eine herrliche Nacht, sternklar; die Wellen rauschten, … der Mond überraschte sie, riesig, bleich …«

(Virginia Woolf, der Leuchturm)

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thoreauvian ::: schatten weiter in die wiesen

»Betrachtet das Phänomen des Morgens – oder des Abends – und ihr werdet sagen dass sich die Natur durch eine ewige Ausübung selbst vervollkommnet hat – Der Abend schleicht über die Felder – Die Sterne kommen, um in abgelegenen Wassern zu baden. Die Schatten der Bäume kriechen weiter und weiter in die Wiesen. Und eine Unzahl anderer Erscheinungen.«

(Henry D. Thoreau, Tagebuch II)

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