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Käptn Peng und die Tentakel von Delphi | 20.05.17 | Haus Auensee

Logbucheintrag siebzehn fünf zwei(null). An meinem Fenster fliegen Meisen vorbei. Menschen! So viele! Ein Kontrabass _ Köpfe _ Gedankengänge _ durch die Bedingungen der Akustik nur erahnbare Dichtkunst. Ermangelung von Sichtung. Inszenierung. Magie. Percussion. Peli-di-peli-di-peli-peli-peli-peli-peli Peli-peli-Pelikan. Fuchs. Weltall. Hunderttausend Jahre alt und noch immer ein Kind. Mehr Gesang, mehr stimmig. Tastenklang. Beat. Schräg. Schön. Sonderbar. Wunderbar. Musik so wandelbar, voll von besonderen Momenten. Die Stimme der Socke – das wahre Wesen. Erkenntnis. Ein Kreis. … liegenbleiben, ich hab eure Schnürsenkel zusammengebunden …

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Michelle Gurevich | 4.04.17 | UT Connewitz

In abendlicher Nacht auf dem Weg zu einem Konzert, bei dem man im vorhinein eine gewisse Unwissenheit im Gefühl hat, denn das Konzert könnte sich in jede Richtung ausgestalten, alles könnte einen erwarten. Das was man in den Weiten der wirbelnden Welt aus Daten von Mme Gurevich an Videos und Audios findet, hat es verraten, und nicht wenig in gebannte Aufregung versetzt.

Und so findet man sich wieder im ehrwürdigsten Konzertraum der Stadt, in dunklem Licht, und erwartungsvollem Ausblick auf die Bühne auf der diverser musikalischer Zierrat verheißungsvoll schimmert. Die Bühne wird von den zwei begleitenden Musikern betreten und mit raunendem Gespür in bemessener Zeit folgend, der Auftritt von Michelle Gurevich in vaganter Garderobe die indirekt später Thema einer ihrer erzählerischen kleinen Intermezzi für das Publikum sein wird.

Jeder der drei Musiker hat Tasten in Reichweite, Mme Gurevich wechselt zwischen e-Piano und drei Gitarren, der Gitarrist rechts hat ein Klangblech das in ein oder zwei Stücken wirkungsvoll eingesetzt wird, und ein sehr weites Tastenwerk, und die Dame aus Dänemark links hat einen zwei-Tastenaufbau der hörbar auch irgendwo noch ein Drumpad enthalten müsste. Die Synth-Klänge scheinen von der Herausforderung, sich aus den unendlichen Möglichkeiten für eine Klang-Beat-Kombination zu entscheiden, zu erzählen. Aus dem Instrument des Gitarristen ist zu Beginn ein beinahe hölzernes Klackern besonderer Aufmerksamkeit wert, im zweiten Lied ein tremolierender Perlklang wie aus einem Vibraphon oder einer Harfe.

Die Klänge aus den Tasten, Saiten und der Stimme schweben jeder für sich in das Dunkel des putzbröckelnden Raumes über der Bühne und füllen doch den ganzen Saal. Für sich allein, verbinden sich nicht, treideln umeinander wie verloren. Es entsteht ein sehr eigener Effekt, wie als sollte er die Einsamkeit jedes Menschen die in den Liedern durchscheint noch weiter illustrieren.

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Moon Duo | 27.03.17 | UT Connewitz

Die Soundwand der Vorband Fabian wirkt sehr interessant ornamentiert. Postrock mit starken Jazzeinschlägen, besonders in Bass und Schlagzeug und nicht zuletzt in der wandlungsfähigen singenden bis schreienden Stimme der Sängerin. Mitunter unvermittelte Wechsel in andere Musikgenre und Stimmungen, und all das wird zu einem sehr eigenen Klang-Ambiente mit bisweilen berückend kantigen Beats gemischt. An der Erinnerung werden glücklich Eindrücke anderer Bands wachgezupft, von Jenifer Ever bis Portico Quartett, ein Hauch Nico, Xiu Xiu und immer endlos weiter. Ein belebend frivoles Vergnügen.

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Maria Taylor | 23.02.17 | Moritzbastei

Die lange Jahreszeit hat uns mal wieder an den Strand gespült.
Die Meteoriteneinschläge häufen sich im Vergehen der Gezeiten.
Doch das Energiepotential steigt wieder an. Der Frühling in uns regt sich. Der kreisende Lauf des Jahres beginnt von Neuem …

Der Konzertverteiler bringt die durchaus mehrfach deutbare Information des Kollegen A., er habe bereits eine Karte für das Maria Taylor-Konzert erstanden. Die Dame, die vor Jahren im Rahmen der Sit down and Sing-Reihe mit Kristofer Åstrom und Wolke einen sehr feinen, unaufgeregten, vielleicht stellenweise fast ein wenig zu unaufgeregten, noch ruhenderen Pol in einem ohnehin sehr gemütlichen Konzertabend gab, nur mit ihrer Gitarre und nur mit ihrer Stimme in der Moritzbastei … es wird das perfekte Konzert sein, um die stille Jahreszeit zu beenden, und spät in das nächste Konzertjahr zu gleiten.

Ein vorbereitendes Einhören erhöht die Vorfreude. Die Stille der Musik scheint in Aufruhr. Und je weiter man hört, so klarer wird, dass Maria Taylor nicht nur eine zarte musikalische Saite (!) hat. Die oft geradezu fruchtgummisüßen Popsongs haben weithin mehr Drive und Schwung als die Erinnerung es hergab, sind voll ansteckender Energie und immerzu jung bleibender Lebenslaune.
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A Dead Forest Index | 5.11.16 | Akko

»brit pop mit sphärischen Einschlägen die sich zu Hymnen aufschwingen« (Mlle Mate)
– a fairy tale

Zwei sehr feine kleine Musikeinheiten im sehr kleinen und feinen Akko. In den Wartezeiten erklingt Jazz und Swing. Den Hummusspeisenden wurden soeben die Klapptische entzogen, und die Bar füllt sich mit Menschenbeinen. Doppelgänger und 80er wohin man blickt. Die Musik von Gemma Thompson, sehr ruhende, meditative Weltallklänge, darin manchmal ein ferner Hauch nach wildem Westen klingender Gitarre, doch nahe an der Grenze zur Illusion, ein Stromausfall, und nach Äonen wird alles von einer Schlagzeugkomposition durchbrochen.

A Dead Forest Index. Soundcheck. Eine Stimme hebt sich über die Köpfe und so etwas wie Stille breitet sich wie eine Welle durch das von den nahen Wänden verstärkte Gesprächsrauschen aus. Es ist das Innehalten im Alltäglichen wenn für einen kurzen Moment etwas zauberhaft schönes in das Bewusstsein geflattert ist. Dieses Gefühl das in Stephen Kings Shawshank Redemption beschrieben wird. Musik die aus einer anderen Sphäre in unsere materielle Welt herüberzuklingen scheint und ein die Welt verklärendes wie verdrängendes Gefühl von Transzendenz hervorruft. Nach wenigen Momenten verebbt es, und die unterbrochene Gesprächszeit setzt wieder ein.

Da der Versuch der Beschreibung der Musik bereits unternommen wurde (Konzert Chelsea Wolfe ::: A Dead Forest Index | 8.11.15 | UT Connewitz), sollen nun im Folgenden stattdessen wirre, zusammengestückelte, sich verheddernde und wiederholend kreisende Ausführungen über das Wesen der Musik als Immanation von Sehnsucht gegeben werden.

In der Name des Windes lernt der musikalisch überaus begabte Kvothe nach einem traumatischen Erlebnis mit seinem Saiteninstrument etwas anderes als Lieder zu spielen.

»Wenn der Sonnenschein das Gras wärmt und eine Brise einen kühlt, ist das ein bestimmtes Gefühl. Ich spielte so lange, bis ich dieses Gefühl auszudrücken vermochte. Ich spielte bis es klang wie warmes Gras und eine kühle Brise. … drei Tage [brauchte ich] bis ich der Wind dreht ein Blatt zu spielen vermochte.«

»Nach zwei Monaten vermochte ich die Dinge mit eben der Leichtigkeit zu spielen, mit der ich sie sah oder empfand: die Sonne geht hinter Wolken unter, ein Vogel an der Tränke, Tau auf dem Farngestrüpp.«

Die Musik von A Dead Forest Index scheint nicht so etwas dinglich Spezifisches auszudrücken, sondern eher als ob jedes Lied Sehnsucht wäre, Sehnsucht nach der Vergangenheit, nach Zukunft, nach dem Leben während man es lebt. Diese Art von Sehnsucht die einen zufrieden, ruhig, gelassen und glücklich macht, da sie so unbestimmt ist. Oder das Ziel der Sehnsucht so erhaben, dass man es gar nicht erreichen muss, sondern sich damit begnügen kann, sich danach zu sehnen, um schon glücklich zu sein. Die Sehnsucht an sich ist schon Bestimmung. Saudade. Krause Schwermut. Oder wie es Hr. Murakami über ein Klavierstück von Franz Liszt schreibt: »die grundlose Traurigkeit die eine ländliche Idylle im Herzen eines Menschen weckt«, und man fühlt, dass er darin etwas Schönes sieht. Über die spiegelglatte metallglimmernde Grundfläche aus verzerrt ferner Gitarre und Schlagzeug wringen sich keltisch zerbrechliche Stimmlagen, weltfern. A Dead Forest Index scheinen wie die englische Entsprechung dieser symbolistischen Seelenlandschaft, ihre Musik eine allumfassende, endlose Sehnsucht. So ruft die Musik Sehnsucht nach sich selbst vor. Sehnsucht nach Sehnsucht.

Nicht unvermerkt soll bleiben, dass dem, was für die Einen die alles umfassende Leichtigkeit und Schönheit des Lebens selbst ist, von Anderen eine gewisse Düsternis attestiert wird, und zu der Frage veranlasst wo denn die ganzen Grufties wohl abgeblieben sind, die eigentlich stereotyper Weise das Konzert hätten bevölkern müssen. Die Antwort in dieser herbstdunklen Nacht ist Placebo.

»Bis zum heutigen Tag weiß ich nicht, wovon die beiden italienischen Damen
gesungen haben. Um die Wahrheit zu sagen, ich will’s auch gar nicht wissen.
Es gibt Dinge, die müssen nicht gesagt werden. Ich will annehmen dass sie von etwas
so Schönem gesungen haben, dass man es nicht in Worte fassen kann und dass es
direkt ins Herz geht. Ich sage Ihnen, diese Stimmen sind höher gestiegen, als man je
an einem so trostlosen Ort zu träumen gewagt hätte. Man hatte den Eindruck als
wäre ein wunderschöner Vogel in unseren freudlosen Käfig gefallen und hätte die Mauern
zum Einstürzen gebracht, und für den Bruchteil einer Sekunde hatte jeder hier in
Shawshank das Gefühl, frei zu sein.«

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All them Witches | 15.10.16 | White Trаsh Fast Food

Berlin, Friedrichshain. Ist ja alles in Laufweite hier. Hr. Walte weist auf den Jahrzehnte alten Müffgeruch der aus U-Bahn-Tunneln steigt hin. Warschauer Brücke zufriedenstellend noch viel großartig grauschmutziger als in der Erinnerung. Möwen kreisen über der innerstädtischen Müllkippenbrache und den aufgegebenen Gleisgeländen als wäre alles am Meer.

Der neblige Dunst hoher Luftfeuchtigkeit verstärkt sich zur erinnernden Illusion man wäre wieder in Bansin oder Porto und blickt aus dem Fenster in morgenfarblosen Himmel. Doch Berlin Friedrichshain & Kreuzberg sind selbst an grauen Regentagen bunt und Straßenzüge voller wild gepflanztem Urwald an Baumscheiben wetteifern mit Balkonen die über und über mit Grün bestückt sind. Hängende Gärten. Farbrauschbunt bemalte Hauswände, Botschaften fürs Leben und für die Gesellschaft. Kreativer Konkurrenzdruck der hippalternativen Läden ist so groß dass sie sich in einem wilden Wettbewerb immer weiter übertrumpfen, was irgendwie ganz und gar großartig ist, aber auch knapp an der introvertierten Überlastungsgrenze an verarbeitbaren Eindrücken schrammt.

Zeit in einem trist gestalteten abgeschiedenen Park desensorisch zur Ruhe zu kommen, den man sich mit vereinzelten Grüppchen von gesellig geschäftigen Menschen teilt, und sich dann im behaglich stillem Hinterzimmer des New Deli Yoga mit einer Freundin zu treffen, bevor man in die allerorts gleich vertraute beruhigende Atmosphäre eines Raumes eintaucht der voller Menschen und Musikerwartung ist. Noch vertrauter wird’s dadurch dass die Staffage des in und aufwändig zusammengezimmerten White Trash Fast Food Restaurants wie auch des Konzertraums opulent an die verrückt überladene Gestaltung der Leipziger Bimbotown erinnert. Nur ohne sich bewegende Möbel.

… mehr graubunt

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Okta Logue | 29.09.16 | Werk II

»Portugal. the Man’s deutsche Reincarnation mit Schlaghose und Rüschenhemd.«
(Hr. Walte)

In jedes Konzert trägt der Konzertbesucher etwas von sich mit hinein. So fließt ein ausgelassen entspannter Frühherbsttag am See in ein Konzert dessen Musik die Farbe von selbstgemachten Honig hat, und in einer beglückenden Aufführung von Hotel California kulminiert.

Die Bühne bevölkert sich, und der Blick wird als erstes von einer weiß leuchtenden Erscheinung in Schlaghose und Hemd in Anspruch genommen, wodurch ein unmittelbares Rockys-Gefühl auflebt. Verstärkend kontrastierend wirken die farbenlichte Ausleuchtung der Bühne und die bunten Gitarrengurtmuster. Es ist alles vorbereitet und eingestimmt um sich in eine jedweden auf dem zurückliegenden Zeitweg fassbaren Musikstil mitreißende Ausweitung legendärer Musikjahrzehnte hineinfallen zu lassen. Es schillert, glitzert, funkelt, rauscht und kracht, während man sich doch samtweich von allen Musikpartikeln eingefangen fühlt in diesem wunderbar gediegen chilligen und doch wirbelnd vorwärtstreidelnden Musikkosmos von Okta Logue.
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Yob | 23.09.16 | UT Connewitz

Black Cobra. Musik als Hochleistungssport. Der Trommler trommelt einiges weg. Sowohl er als auch der Gitarrist und Sänger scheinen als Ziel zu haben möglichst viele Töne in möglichst kurzer Zeit zu absolvieren. Als halb hypnotischer Eindruck aufs Sehzentrum durchaus annehmbar.

Yob. Konzertbeginn während wir noch an der Seite sitzen. Seitlicher Blick auf die ersten Köpfe vor und zurück schüttelnden Reihen. Alle sind genau im Gleichklang bis auf einer, der langsamer ist, und nur hin und wieder denselben Einsatz trifft, ansonsten tingelt sein Oberkörper immer irgendwo außerhalb der Menge schwankend. Fühle mich identifiziert verbunden.

Komme nicht umhin bei insgesamt vier Männern mit langem, leicht lockigem Haar, darüber nachzudenken, wie es kommt dass die meisten Heavy Metal-Musiker Locken zu haben scheinen. Man verzeihe den unwürdigen Gedankengang, aber ob sie sich über Nacht wohl kleine Zöpfchen flecht…

An einer Stelle beginnt die Musik mit einem sehr interessanten, sirenenhaften Flirren, über das die rhythmisch schlagenden Saiten und Trommeln gezogen werden. Alles natürlich in gemächlich stimmigem und optimalem Haarwurf-Takt. Das Grölen und Schreien ist sehr ausdrucksgewaltig, wenn gesungen wird, erinnert die Stimme frappierend an eines der letzten Lieder in der Rocky Horror Picture Show, … das, kurz bevor das Schloss gen Transylvania abhebt.

Der Sänger ist ein hervorzuhebend frohgelaunt strahlender und freundlicher Mensch. Immer mal wieder reißt er kriegerisch beide tätowierten Oberarme hoch, lächelt dem Publikum glücklich zu, und grölt tiefdurchdringend und aus dem Publikum hallt ihm der Gruß begeistert entgegen. Zu Ende verabschieden er und die anderen der Band sich aus den ersten Reihen mit sehr realen Handshakes.

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Emma Ruth Rundle ::: Wovenhand | 22.09.16 | UT Connewitz

»christlich-schamanistische Fundamentalisten spielen Metal auf Country-Basis«
(Hr. Walte)

Ein Dröhnen und Bohren begleitet den Weg aus dem Reich des Schlafes in die Welt die wir die Wirkliche nennen …

Emma Ruth Rundle. Ein zierliches Wesen dessen Stimme weit in Raum und Zeit greift. Der Gesang der anfangs nur von einer verstärkten Akustikgitarre, aus der immer wieder unvermittelt dröhnende aufhallende, klaffende Akkorde gesetzt werden, begleitet wird, ist wie das Meer das an einen Strand anschwappt, Welle für Welle sich anhebend und sich dann leise verschwindend zurückzieht, und darüber der Gezeitenwechsel. Oder wie der Wind der mal sachte knisternd Blattwerk durchraschelt und sich im nächsten Moment anschickt alles zu entwurzeln. Er ist wie das Ein- und Ausatmen des Lebens. Zugegeben mehr an von Menschen fernen, von Nebel umgebenen Orten. Man sieht Küsten und Lichtungen im Morgengrauen, keine Großstädte, nicht den hektischen Puls großer Menschenmengen. Das war vielleicht einmal, und mag auch wieder sein, wenn sie Bestandteil der Marriages ist. Man sieht die gedankenvolle Einsamkeit einer abgeschiedenen Seele. Der an- und abebbende Effekt der Stimme wird durch vor und zurückwiegenden Tanz um das Mikrofon verstärkt.

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Abay | 15.09.16 | Naumanns

Der Vorfranzose mit Sonnenbrille unterm klabauterblauem Haar betritt die Bühne im dämmrigen Saal und bittet nach der ersten Darbietung um mehr Licht, bitte, und nach der zweiten um mehr Dezibel. Herr Walte unterstellt dem ernstzunehmenden Künstler Hiroshimas Schabernack. Musikalisch werden Anlehnungen oder vielmehr Mischungen aus Grunge und Radioheadgesang zelebriert. Die Nichtsingstimme erinnert durch das weiche und sonore Timbre mit der die deutschen Wörter aussprachegenau geformt werden, und nur einen dezenten französischen Klang beilegen, überraschend und delokalisiert an Pierre Brice.

Abay beginnen mit The Queen is Dead. Das trommelwirbelnde sich weiter und weiter steigernde Schlagzeug setzt den Traum eines perfekten Konzerts in Gang. Erhaben. Spannungsgeladen. Tänzelnd. Leicht. Beschwingt. Voller Abwechslung und Kurzweil. Und dazu der sichtliche Spaß auf und vor der Bühne, nicht zuletzt angetrieben vom vierzigjährigen Jungspund Aydo Abay der während der Lieder kaum still halten kann, und während der Zwischenansagen mit tiefenentspanntem Humor seine hartnäckigsten Fans aus Blackmailzeiten sacht dirigiert.

#mein Freund das ist nett, aber weist du, ich bekomm das Bier hier umsonst, du musst mir keines ausgeben
#ich kann jetzt nicht mit dir reden, ich bin noch auf Arbeit

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EF | 25.08.16 | Naumanns

Jævlig varmt er det, her i himmelen

Es mag eine weite Strecke im Jahreslauf gedauert haben, doch eines Abends geschieht der perfekteste Sommerabend den es geben kann. Nicht kalt, alles ist von sanft heruntergekühlter Luft umgeben. Der Biergarten am Felsenkeller liegt wohlig ausgereckt auf bereits blättrig raschelnd bedecktem Boden unter den Bäumen. Herr K. reizt wieder das Kombinationsspiel mit Bestellung, Einlass und verrinnender Zeit bis ins Letzte aus, doch jeder Anflug von Unruhe und nervöser Erwartung wird in der entspannten Sommerabendlaune aller umgebenden Biergartenkulturteilnehmer sogleich verweht.

Nach erfolgreichem Abschluss der Nahrungsaufnahme auf Zeit schlendern wir, stolpernden Wurzeln weichend, wieder zu den Treppen vor dem Einlass, erwartungsfroh was als Vorband gegeben wird.

Dort treffen wir auf den Institutsleiter und Dame C., die dicht an dicht mit anderen Treppenstuflern vor dem vom Gesprächsrauschen summenden und vibrierenden Eingang lehnen. Wie nett, sie warten auf uns, dabei hätten sie doch auch schon reingehen können. Noch ganz im Biergartenflair und Zauber des lauen Sommerabends gefangen, dringen die eröffnenden Gesprächsinhalte nur langsam zu mir. In seinen gewohnt fulminanten Geistessprüngen fantasiert und webt der Institutsleiter nahezu ohne Begrüßungszeremoniell wie im Wahn ein Parallelwelt-Gespinst, von Sauna-Aufgüssen auf der Haut der spielenden Band, alles umwringenden Nebeldunst, zischenden Siedewasserklängen auf High-Hats und Zimbeln, alle Konzertbesucher in Handtücher umwickelt … wie immer begeistert von der überbordenden vor nichts Halt machenden und auch vor keinem Sujet aus Ehrerbietung zurückschreckenden Vorstellungsmacht des werten Kollegen, bin ich doch auch etwas aus dem Tritt gebracht, und es scheint, nur die Hälfte dessen was er uns nahebringen will, schwappt an mein Bewusstsein heran, das sich auch halb mit dem bevorstehenden Vertrautmachen eines noch unvertrauten Konzertraums befassen muss, und überdies plötzlich mit der Sortierung von weiteren drängenden Fragen abgelenkt ist. Wir haben die Vorband verpasst? Wieso stehen alle draußen? Und was mag dem Kollegen nur widerfahren sein, das ihn so aufwühlt? Sollte ihm die sicherlich fiebernde Stirn vermessen werden? Und wieso klären wir das im Weiteren nicht drinnen? Er scheint mir wie jemand, der etwas sehr wichtiges mitzuteilen hat, doch es aus unerfindlichen, sicherlich ins Tiefenpsychologische reichenden, Gründen, einfach nicht direkt auszusprechen vermag.

Ich nicke ihm noch einmal aufmunternd und wie ich hoffe bestärkend zu … dann betreten wir den Raum, die Zeit bleibt einen Moment stockend und wie nach Luft japsend stehen. Luft mit Persönlichkeit. Es ist ja neblig, dunstig und heiß wie in einer Sauna hier drin!

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Neurosis | 15.08.16 | UT Connewitz

Vorband Tesa. Dezibel- und stimmungsintensiv einwiegender Lärm für Neurosis. Erst recht kurzweilig, dann doch mit Längen durch fehlende Leitmotive in den Liedern. Zerrgeräusche von Dauer. Türkise Beleuchtung ruft kürzlich gelesene Pilgerepisode des Institutsleiters in nächtlicher Herberge wach, und genauso malt sich mir nun schauerlich doch auch faszinierend der die Pilger damals des nächtens heimsuchende Lärm aus. Basshebel, momentelang wird ein pfeifendes-Wind-Geräusch simuliert. Teile des Gehörs werden aus Sicherheitsgründen deaktiviert. Der Rest des Abends wird in Unterwasserakustik verbracht.

Neurosis. Eine wunderschöne e-Holzgitarre in den Händen von Steve von Till ziert die ersten Stücke. Als der erste Gesang einsetzt umspült er die strapazierten Rezeptoren des Gehörs wie das weiche Wasser der Brandung an einem milden Sommertag das Sein, und wird sogleich von einer Welle aus Krach fortgerissen. Grandios wuchtvolles und exaktes Spiel. Doch Sauerstoffmangel und ohnehin reichlich mitgebrachte Müdigkeit reduzieren die Aufmerksamkeitsfähigkeit leider beträchtlich. Und die akustische Verarbeitung taucht immer tiefer ab, in die dumpfe doch irgendwie auch zufriedene Stille unter Wasser, während über der Wasseroberfläche ein Orkan lärmt. Neurosis stehen über derlei Fokussierungsproblemen. In konzertiertem Energiegestüm erklingen unermüdlich die Saiteninstrumente, das Schlagzeug und die Klangklöppelbank wie aus einer titanischen Schmiede, und erschaffen etwas über die Dauer eines bewusstseinsumnebelten Konzertabends hinaus.

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Dinosaur Jr. | 7.06.16 | Täubchenthal

Egyptienne-Schriftzug über Wolkenköpfen. Draußen lauschiges Chilloutareal in Abendsonne. Ein Großteil des Publikums scheint über vierzig und verjüngt sich für die Dauer des Konzerts zu hüpfenden Sechzehn. Der Sound ist anzunehmenderweise bewusst verwaschen und verrauscht. Das Geräusch eines Saiteninstrumentes, das mehrmals schnell hintereinander whoang whoang whoang macht. Mittendrein zwischen dem leicht vor sich hin zappelnden Punk, unterlegt meist von J. Mascis ruhiger und leiser, immerzu leicht fern und melancholisch wehmütig klingender Stimme, ein paar Einlagen die leicht Richtung heavy metal gehen. Es geschieht selbst oder gerade in der musikalischen Verwaschenheit viel. Doch in all der freundlichen Enge des Zuschauerraums und drückender Hitze bleibt die Aufmerksamkeit immer wieder flirrend zwischen der gandalfwallenden in sich ruhenden Pracht von J. Mascis Haar und dem dazu dipoligen wild herumgeschüttelten, oft antlitzverhängenden Haarmopp des anderen Saitenmannes hängen, während sich wie nebenbei ein glücklichzufriedenes Konzertgefühl einstellt, das Sein umwattet von gitarrigem Krach.

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Petula ::: Me and My Drummer | 4.06.16 | Parkbühne Geyserhaus

Die Vorband Petula besteht aus einem optisch sehr an Kristofer Åström erinnernden Typ, der ein Shark-T-Shirt trägt. Die Musik gitarrenschwer von Elektronik unterwandert, und das gefühlvoll geloopte Gesamtarrangement bildet mit beeindruckender Wucht einen ausfüllenden Freiraumklang.

Der Gesang dehnt sich von sanften Songwritertönen über kopfhoch exaltiert bis vollkommen Twin Peaks-geflippt, dazu ausschweifende Gestik die an die hohe Schule David Eugene Edwards reicht. Wenn man White Whine gesehen hat, dächte man, das ausgeflipptest Mögliche gesehen zu haben. Doch die Erde ist groß. Ein Erinnerungshauch Muse, Roman Fischer. Und Helge.

Wie immer von der schlafwandelnd sicheren, wie beiläufigen Präzision sich selbst loopender Künstler beeindruckt. Ein abschließender Dank geht nicht nur an die Hauptband, das Team und die Veranstalter, sondern auch an all jene die ihm vorher beim Joggen durch den Park zugewunken und angefeuert haben. Der Abgang wird durch die sich nicht öffnende Tür in der Bühnenmitte erschwert, und sogleich stilistisch durch sich seitlich davonschleichende Pantomime gerettet. Ein gewisser Andrang am dort befindlichen Merch-Stand zeugt von entfachter Begeisterung.

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Spain | 24.05.16 | Werk II, Halle D

Dehnt sich in einem leider viel zu menschenleeren Raum Musik um so weiter aus um alles auszufüllen? Es gelingt ihr jedenfalls im Fall von Spain. Die einzeln verteilten Barhocker, an einem jedem ein Pärchen sitzend, die Dunkelheit des leicht rauchnebligen Raumes, und die sehr reduzierte und damit bewegend klare und weiche Musik verbinden sich zu einer zur Ruhe gekommenen, beinahe stillstehenden Szenerie, in der jede Schwingung einzeln in den Fokus zu gleiten scheint, jeder Ton umso intensiver bewundert werden kann, und das Staunen über die Perfektion der Musiker von dem geborgenen Glück umhüllt wird, dass die in ihrer vielschichtigen Schlichtheit strahlende Schönheit der Musik in einem zum klingen bringt.

Das Gefühl erinnert manche an Dirty Old Town, andere glänzen mit einer Vorstellungskraft der es gelingt sich Cake ohne Trompete vorzustellen. Zwei Beschreibungen einer Musik die nur leicht an etwas rühren können, was vollkommene Musikhingabe ist. Die meist sehr ruhig abgestuft gesetzten Bassläufe, die sich dann hin und wieder in eine kleine Melodie einfinden, klar akzentuiertes und sich variierendes Geschehen an der Gitarre, das hin und wieder ein bisschen Unruhe und Dissonanz in das melodiereine Gefüge setzt, im jazziges Gegenspiel zum Schlagzeug auf dem viel gezimbelt wird, und über all dem die Stimme eines Erzählers, erzeugen traurige Melancholien und mitreißenden Drive, Scheppern, elektronisch verstärkten Saitenlärm und gemäßigt wild durcheinanderflirrenden Krach der wattig weich aufgefangen wird. Und all das durchwringt vom Blues.

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