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pratchett ::: Tastaturgefallen

fünf Weisheitsanschläge aus der Tastenwelt

i »ich räume lieber gleich ein, dass ich mit Magie genausowenig am Hut habe wie mit Astrologie. Ich bin nämlich von Sternzeichen Stier, und wir Stiere halten nichts von Okkultismus.« ii ein Tagblick durch ein Teleskop — »Das Universum leuchtete, es wurde auch am Tag nicht ausgeknipst! Das wusste ich zwar schon ewig, aber es war trotzdem eine Offenbarung – keine Ahnung von was oder wem oder wozu, aber egal, zu einer Offenbarung sagt man nicht nein.« iii zur Theaterumsetzung von eine Insel. »… kam ich mit vielen Zuschauern ins Gespräch und hörte nur Gutes. Selbst das ältere Ehepaar, das zugab einiges nicht ganz mitgekriegt zu haben, zeigte sich zufrieden damit, dass es eine Idee gab, die man hätte mitkriegen können, selbst wenn es ihnen persönlich nicht geglückt war.« vi »Die Unwissenheit steht bei den Menschen generell nicht hoch im Kurs, obwohl wir auf Erden das einzige Lebewesen sind, das sich wirklich damit auskennt. … Unwissenheit ist etwas wunderbares – sie ist der Zustand in dem man sich befinden muss, ehe man wirklich etwas lernen kann.« v »… wir halten die Zukunft für eine riesige Welle die uns davonträgt. Wir glauben, dass wir sie kommen sehen. Stattdessen bildet sie erst kleine Pfützen um unsere Füße und steigt uns dann ganz langsam über den Kopf, während wir mit anderen Sachen beschäftigt sind. Wir leben in einer Science Fiction Welt und merken es nicht einmal.«

(Terry Pratchett, Aus der Tastatur gefallen)

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Pessoa–de Campos ::: sich selbst aufräumen

»Das Leben ordnen, Regale einrichten im Wollen und Tun … das will ich jetzt, wie ich es immer schon wollte, mit dem gleichen Ergebnis; Doch wie gut, eine klare Absicht zu haben, unerschütterlich nur in der Klarheit, etwas zu tun!« … Koffer packen für das Endgültige, »und morgen genausoweit sein wie vorgestern – ein Vorgestern das ein Immer ist …

… Auch die anderen sind Romantiker, auch die anderen bringen nichts zustande, auch die anderen schauen ein Leben lang auf ungepackte Koffer, auch die anderen schlafen neben halb verfassten Papieren, auch die anderen sind ich. …

… Ich schaue auf von den Papieren, die ich nun doch nicht zu ordnen gedenke … Ich habe mich von allen Göttern losgesagt angesichts eines unaufgeräumten Sekretärs … Und meine Müdigkeit ist ein alter Kahn, der an einem verlassenen Strand verrottet, und mit diesem Bild irgendeines anderen Dichters schließe ich den Sekretär und das Gedicht.

Gleich einem Gott habe ich weder die Wahrheit aufgeräumt noch das Leben.«

(Fernando Pessoa/Àlvaro de Campos, Beinahe, in: Poesie und Prosa)

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geschichte ::: auf gewisse details achten

»in den unsterblichen Worten von sonstwem: Geschichte heißt einfach nur, dass eines nach dem anderen geschieht. Es sei denn Henry Ford hat das gesagt, dann streicht das bitte. Aber er war ja derjenige der gesagt hat: Geschichte ist Quatsch. Und das ist ganz und gar nicht das Gleiche. Am besten ihr streicht beide dummen und zynischen Sprüche. Die Geschichte ist der Versuch der Menschheit, die Dinge in den Griff zu bekommen. Offenbar ist das nicht so einfach. Es könnte jedoch besser laufen, wenn ihr auf gewisse Details achten würdet: wie zum Beispiel euren Planeten.«

(Kim Stanley Robinson, 2140)

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systeme ::: sich selbst experimentieren

»Wether this system works equally well for all I leave to the experimenting individual.«

(Julian Barnes, Talking it over)

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Pessoa–de Campos ::: alle Zeiten

»Betrachte ich den Himmel des Tages, er spiegelt den Himmel der Nacht, und dieses sphärische, konkave Universum, ich sehe es wie einen Spiegel, in dem wir leben, begrenzt, da es in seinem Inneren ist, doch mit Sternen und der Sonne, die das Sichtbare nach außen hin zerreißen, hin zum Konvexen, das unendlich ist, und dort, im Wahren, werde ich die Gestirne und das Leben aus meiner Tasche ziehen als Geschenk an das Richtige, und werde erneut im Leben lesen, wie in einem sorgsam verwahrten Brief, und dann, bei besserem Licht, den Wortlaut zu verstehen und wissen. … bewege mich diagonal zu allem aufwärts, durch alle Zwischenräume hindurch, sprenge wie Staub, der ich nicht bin, die Hülle, und gehe auf Reisen … Kehre wer weiß wie oft? zurück zum selben Punkt (was weiß wer nachts geht vom Gehen und von der Nacht?), und nehme in meiner Tasche alles Gesehene* mit – den Himmel mit seinen Sternen, und die Sonne mit all ihren Erscheinungsweisen, und alle Jahreszeiten mit ihrer bunten Farbpalette …«

(Fernando Pessoa/Àlvaro de Campos, Todesode, in: Poesie und Prosa)

* & Geschehene

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Galsan Tschinag ::: kennst Du die Sprache

… sich an Worten begeistern, bereichern, Erzählpfade, Abenteuer und Gedanken, Lebensrätsel, sprachliche Leidenschaft und Neugierde zu allem Wissen das ihm begegnet, wie er entfernte Situationen oder Dinge aufeinanderlegt und etwas Verbindendes darin entdeckt, eine beeindruckende Lebensschilderung, aus einer Zeit und einem Land verkameradschafteter Staatssysteme, Gesellschaftsbilder, die es nicht mehr gibt. Werte wie zum Stolz der eigenen Nation beitragen, und dieser irrsinnig wirkende Fleiß, wobei auch ein Stück weit nachvollziehbar, wie, wenn man einmal etwas gefunden hat, was einen glücklich macht und nicht mehr loslässt, wie es einem da immer mehr Energie gibt, und nicht weniger. Und vor allem die immer wieder aufglimmenden Sprachmomente, in denen er sondersames mit der Sprache macht, Begegnungen mit neuen Wörtern die einem sofort vertraut sind, Wörter mit Präfixen die bisher nicht miteinander bekannt waren. Und über den Worten Beschreibungen von Beobachtungen von Erkenntnissen und Verständnissen, Einsichten und Bewusstseinsmechaniken.

Schreiben von einem Selbst, das noch anfang zwanzig ist, … etwas was ich selbst vielleicht lieber nicht angehen würde … in vielem noch unwissend, beeinflusst von Ideen und Vorstellungen wie etwas zu sein hat, anstelle einfach nur zu sein. Und dabei kaum peinliche Situationen umschwimmend. Sternenhimmel, Jurten, stundenlange Reitstrecken von einer Feldforschung zur nächsten, Heizdung sammeln, Details aus der eigentlichen Feldforschung, eine Sprache die keine Schriftsprache besitzt hastig in Mitschrift irgendwie aufschreiben und nachts rekonstruieren, medizinisch reinigendes gegenseitiges Augen ausschlecken.

»… ~ .. Zeithügel, Zeitberge, Zeitwüsten, Zeitenmeere, – (Zeit über Landschaften. Metaphern hierfür wie Sand am Meer) – buchenswerte Ereignisse, der unlenksamste Laut, es blitzt durch seinen Kopf, Bilder wandern herzwärts, ungebildet heißt auch wenig verbildet, Hirngefäß, webt an seinem neuen Leben, er solle aufhören so scheißfreundlich zu sein, …

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immaterielle chemie ::: gedanken, flüchtigkeit & umwandlungsmöglichkeiten

»Gedanken sind flüchtig, sie verdunsten in dem Moment, in dem sie entstehen, sofern sie nicht in Handlungen und materielle Form umgesetzt werden«

(Ann Leckie, Maschinen)

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Septembexkursionen ::: no moor / Presseler Heidewaldmoorgebiet

»keine gewöhnliche Insel … ein Ort mit merkwürdigen Eigenschaften. Wer dort ankommt wandert allezeit allein durch Wald und Feld und trifft nie eine Menschenseele. In einer Mondnacht oder kurz vor einem Gewitter mag er gelegentlich ahnen, dass er Nachbarn hat. An den meisten Tagen aber erlebt es jeder Wanderer so, als sei er der Einzige. …«

»Seltsam war das – als kehrte ich an den Schauplatz eines früheren Lebens zurück. … Kann es sein dass ich als kleiner Junge hier war, zu jung, um zu wissen, wo ich bin, aber alt genug, um diese Bilder zu behalten? Die Bäume und das Moor hier, sogar der Himmel scheinen an irgendeiner versunkenen Erinnerung zu rütteln.«

(Kazuo Ishiguro, Der begrabene Riese)

… more no moor

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Pessoa–de Campos ::: ausufernde angelegenheiten

»Pflichten haben, welch ausufernde Angelegenheit! Jetzt muss ich um fünf vor eins am Rossio-Bahnhof sein, oberer Bahnsteig – Verabschiedung des Freundes, …. Süd-Express …. ich muss dort sein, und glauben Sie mir, die Anspannung ist im voraus so groß … nähme er doch zum Teufel, mein Leben mit, wenn er entgleist! …!«

(Fernando Pessoa/Àlvaro de Campos, Pflichten haben, in: Poesie und Prosa)

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Fotorunde ::: alpine colour kvelder

»… doch was immer sie denken mochte, wenn sie es fasziniert beobachtete, hypnotisiert, als striche es mit seinen Silberfingern über irgendein versiegeltes Gefäß in ihrem Hirn, dessen Zerspringen sie mit Freude überfluten würde, sie hatte Glück gekannt … intensives Glück, und es versilberte die rauhen Wellen ein wenig leuchtender,

in dem Maße wie das Tageslicht schwand und das Blau aus dem Meer wich

… und die Verzückung sich in ihren Augen brach und Wellen reiner Freude über den Grund ihres Bewusstseins jagten und sie fand, Es ist genug! Es ist genug!«

(Virginia Woolf, der Leuchtturm)

… mehr schwindende Farbe

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Traumthesen ::: lyrics and dreams as poetry beyond analysis

»It’s part reality and part fantasy but I’m always in the song as a witness. [...] You know how when you dream something you can see something change into something else and it’s illogical when you examine it in the morning. [...] That’s why I’ve never analyzed the lyrics to the song. They’re beyond analysis. They’re poetry.«

(Don McLean über American Pie, nach Popsongs und ihre Hintergründe)

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watts ::: mit sich selbst sprechen

»… emergente Komplexität, wurde ihm klar. Das meint sie. Ein Neuron wusste nicht, ob es auf einen Geruch oder eine Sinfonie reagierte. Hirnzellen waren nicht intelligent — das waren nur Gehirne. Dabei bildeten Neuronen noch nicht einmal die unterste Ebene. Die Ursprünge des Denkens reichten tiefer, bis zu den Zeiten als noch kein vielzelliges Leben existiert hatte. Schon Kragengeißeltierchen kannten Neurotransmitter, Kaliumionenkanäle gab es bereits bei Monosiga. Ich bin eine Kolonie von Mikroben, die mit sich selbst spricht …«

(Peter Watts, Echopraxia)

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Pessoa–de Campos ::: seelen urlaub seltsam

»Das Leben an Bord! Jeder neue Tag bricht neuer an und anders als jeder Tag an Land.«
Kräne, Geräusche, »Energie der Dinge«. »Melodie für meine Seele, die angesichts des Wirklichen das Wirkliche verliert und verfehlt … ist die Zeit eine andere Zeit, ist der Raum von einer anderen Weite, und jede Küste die auftaucht, ist ein anbrechender Tag und zärtlich vor Leere der Blick, der die Unermesslichkeit umfängt und nichts besitzt, und das Atmen der Luft []«

(Fernando Pessoa/Àlvaro de Campos, ah seltsam, in: Poesie und Prosa)

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woolf ::: still selbst sein

»Denn jetzt brauchte sie über niemanden nachzudenken. Sie konnte sie selbst sein, allein sein. Und das war es wonach sie jetzt oft das Bedürfnis verspürte — nachzudenken; nein, nicht einmal nachzudenken. Still zu sein; allein zu sein. All das Sein und Tun, das raumgreifende, glitzernde, vernehmliche, verdunstete; und man schrumpfte, mit einem gewissen Gefühl der Feierlichkeit, darauf zusammen, man selbst zu sein … dieses Ich, das seine Bindungen abgeworfen hatte, war frei für die seltsamsten Abenteuer. Wenn das Leben für einen Augenblick Ruhe gab, schien die Reichweite der Erfahrung grenzenlos. … wenn man seine Persönlichkeit einbüßte, büßte man auch die Hektik, die Eile, die Unruhe ein; und dann drängte sich jedesmal ein Ausruf des Triumphierens über das Leben auf die Lippen, wenn die Dinge sich in diesem Frieden, dieser Ruhe, dieser Ewigkeit zusammenfügten.«

(Virginia Woolf, der Leuchturm)

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Pessoa–de Campos ::: wohl über Gülpe und Umgebung

»alles wie durch den Kinematographen eines Lichtspieltheaters von der Größe des Universums, in dem man wüsste, dass, tritt man nach Ende der Vorstellung auf die Straße, kein Haus da ist in das man zurückkehren könnte … wohl aber die absolute Nacht …

… Tiefe und religiöse Einsamkeit des unendlichen Universums, gewaltige Weite, nicht breit, nicht hoch, nicht lang, reiner Raum nur, der Raum dieses schwarzblauen und gestirnten Mysteriums, in dem die Erde ein Ding ist, und die Leben wie Barkassen an der Wasseroberfläche scheinen … Sonnenstrahlen, die durch das halboffene Fenster in das Zimmer des Landhauses fallen, Mittage auf verlassenen Tennen, späte Nächte für Begegnungen an anderen Ufern, macht unser natürliches Gelingen zu einer Ruhe, einem Umhang, und senkt euch über meine Seele … ihr schlummernden, brachen Fluren, ihr ruhig durch eine Unruhe fließenden Flüsse, ihr an Nachmittagen besuchten Parkanlagen, ihr Teiche der Landgüter, ihr Kamine in Herrenhäusern, und als hechelnder Atem schwarzer Seide die Stille der Nacht.«

(Fernando Pessoa/Àlvaro de Campos, mit gepackten Koffern, in: Poesie und Prosa)

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