10. August 18
· Autor: admini · Kategorie: Bücherregal, PGI, Zitatsammlung, m.o.n.d.
»… das grelle Gleißen der Neonlampe draußen das Schlafzimmer in ein kaltes, bläuliches Licht tauchte. Wie ein Wintermond. Oder irgendein anderer Mond. Das Licht hatte etwas Stellares, Fremdartiges, mit dem er sich wohl zu lernen gefühlt hatte.«
(Cormac McCarthy, kein Land für alte Männer)
6. August 18
· Autor: admini · Kategorie: Bücherregal, PGI, Zitatsammlung
»… zuerst habe ich es visuell untersucht. – Du hast es dir angesehen … du könntest einfach sagen: ich habe es mir angesehen.«
(Andy Weir, Artemis)
5. August 18
· Autor: admini · Kategorie: Aphorismensammlung, Bücherregal, Erkenntnisse und Offenbarungen, Zitatsammlung
… Kontemplation gehört zum Gefährlichsten was abendländischen Gesellschaften geschehen kann.
»Die ruhige von aller Reflexion und Begierde losgelöste Betrachtung der Dinge in ihrer Gesamtheit: das ist die so simple wie ganz und gar eigenständige Ästhetik Schopenhauers, die von der Klassik letztlich ebenso weit entfernt ist, wie von der Romantik. Eine solche Konzeption ist kein genuiner Teil der abendländischen Kultur, und man kann sie als ein erstes Anzeichen dafür werten, dass Schopenhauer sich dem ›tiefsten Gedanken‹ annähert, der in Nietzsches Worten dazu führte, dass ›Europa von einem neuen Buddhismus bedroht scheint.‹«
(Michel Houellebecq, in Schopenhauers Gegenwart)
5. August 18
· Autor: admini · Kategorie: Bücherregal, Zitatsammlung, botanie
Wider das Reizende in der Kunst …
»Die eine, recht niedrige, im Stillleben der Niederländer, wenn es sich dahin verirrt, daß die dargestellten Gegenstände Eßwaaren sind, die durch ihre täuschende Darstellung nothwendig den Appetit darauf erregen, welches eben eine Aufregung des Willens ist, die jeder ästhetischen Kontemplation des Gegenstandes ein Ende macht. Gemaltes Obst ist noch zulässig, da es als weitere Entwickelung der Blume und durch Form und Farbe als ein schönes Naturprodukt sich darbietet, ohne daß man geradezu genöthigt ist, an seine Eßbarkeit zu denken; aber leider finden wir oft, mit täuschender Natürlichkeit, aufgetischte und zubereitete Speisen, Austern, Heringe, Seekrebse, Butterbrod, Bier, Wein u. s. w., was ganz verwerflich ist.«
(Arthur Schopenhauer, die Welt als Wille und Vorstellung,
in: Michel Houellebecq, in Schopenhauers Gegenwart)
3. August 18
· Autor: admini · Kategorie: PGI, Traumsequenzer Inc., Zitatsammlung
»Fast jede Nacht unseres Lebens durchlaufen wir eine erstaunliche Metamorphose. Unser Gehirn verändert sein Verhalten und seine Bestimmung grundlegend. Es fährt unser Bewusstsein herunter. … Wir schlafen. … Träumen sei ein psychotischer Zustand … wir glauben fest daran dass wir etwas sehen, das nicht da ist. Wir akzeptieren dass Zeit, Ort und sogar Menschen sich verwandeln und ohne Vorwarnung verschwinden können. … Träume entstünden aus dem chaotischen Feuern der Neuronen und hätten, selbst wenn sie voller Emotionen sind, keine Bedeutung. Erst wenn wir aufwachen, setzt das bewusste Gehirn auf der Suche nach Bedeutung aus Einzelteilen rasch ein zufälliges Ganzes zusammen … [vs] … Träumen ist Teil eines gewachsenen Mechanismus … mit dessen Hilfe werden die umfassende Bedeutung neuer Informationen und deren künftige Nützlichkeit eingeschätzt. … im Gehirn während des REM-Schlafs nicht mehr die Regionen der Logik und Impuls-Kontrolle das Zepter führen. Die Produktion zweier Chemikalien, Serotonin und Noradrenalin, wird blockiert. Beide sind wichtige Neurotransmitter, durch die die Zellen kommunizieren. Ohne sie ist unsere Fähigkeit zu lernen und zu erinnern stark beeinträchtigt – wir befinden uns in einem chemisch veränderten Bewusstseinszustand. Doch es ist kein komagleicher Zustand wie im Tiefschlaf. Unser Gehirn ist sehr aktiv und schluckt ebensoviel Energie wie im Wachzustand. … wenn wir natürlich schlafen, also ohne Wecker, beendet der letzte Traum oft unseren Schlaf. … wenn Licht durch unsere Augenlider die Retina berührt, wir ein Signal an eine tiefe Hirnregion gesendet, den Nucleus suprachiasmaticus. Das ist bei vielen Menschen der Zeitpunkt, an dem sich der letzte Traum auflöst. Sie öffnen die Augen und befinden sich wieder im wirklichen Leben.«
(Michael Finkel, Der gute Schlaf, in: NG 18/08)
3. August 18
· Autor: admini · Kategorie: PGI, Traumsequenzer Inc., Zitatsammlung, sich selbst sammeln
»Wenn wir wach sind, ist das Gehirn voll beschäftigt – es muss diese vielen Gliedmaßen kontrollieren, ständig irgendwohin fahren, einkaufen und simsen und sprechen, Geld verdienen, Kinder erziehen.«
… na und, und mein träumendes Gehirn ist wohl nicht voll beschäftigt?
»Doch wenn wir schlafen und in die REM-Phasen eintreten, kann dieses raffinierteste und komplexeste Werkzeug der Welt endlich tun, was ihm gefällt. Das Gehirn aktiviert sich selbst. Es träumt.«
(Michael Finkel, Der gute Schlaf, in: NG 18/08)
30. July 18
· Autor: admini · Kategorie: Bücherregal, Zitatsammlung
»[] und alles geht
Zu auf die lichterfüllte Stunde, in der die Läden ihre Lider senken …
die Straße schlendert in mir entlang während ich für mich die Straße entlangschlendere …
Alles Spiegel, die Läden hier in den Läden dort …
Der Boden in der Luft die Sonne unter den Füßen Straße Berieseln Blumen im Korb Straße.«
Sowohl Satzzeichen als auch Verben und andere zu Sinn verbindende Wörter werden überbewertet, und sind gerade um Zenit Uhr an einem sommerheißen Tag verständlicherweise als erstes über Bord zu kippen. Es verbleiben, mehr als genug, zu Sinn unverbundene Wörter, die der von Wärme durchschmolzene unbeholfene Geist wabernd, leicht und unvermittelt erfassen kann.
»Trunken vor lauter Straße und vor Alles-zugleich-fühlen-sehen-Hören. Schläfenpochen vom Hierherkommen und zugleich Dorthingehen, []«
(Fernando Pessoa/Àlvaro de Campos, Vom Vergehen der Stunden, in: Poesie und Prosa)
29. July 18
· Autor: admini · Kategorie: Bücherregal, Zitatsammlung, m.o.n.d.
»Klarer Fanfarenklang des Morgens hinten, am kalten Halbkreis des Horizonts, zarter Fanfarenklang, fern wie ungewisse Fahnen, entfaltet jenseits sichtbarer Farben … stehender Staub, dort wo die Nacht endet, stehender Goldstaub am Saum der Sichtbarkeit …«
(Fernando Pessoa/Àlvaro de Campos, Vom Vergehen der Stunden, in: Poesie und Prosa)
28. July 18
· Autor: admini · Kategorie: Bücherregal, Zitatsammlung
»so ist der Sommer vergangen. Wir haben schöne Stunden miteinander erlebt. Und doch erinnere ich mich vor allem an ein Gefühl der Traurigkeit. Genau genommen erinnere ich mich an mein ganzes Leben nur wie durch einen Schleier der Traurigkeit. Die Traurigkeit ist das einzige was geblieben ist. Aber vielleicht ist das nicht das Schlechteste. Lange Zeit versuchte ich mir zu sagen, man stirbt nicht, man verlässt nur diese Welt. Der Tod ist nur ein Wort. Doch das stimmt nicht.«
(Robert Seethaler, Das Feld)
25. July 18
· Autor: admini · Kategorie: Bücherregal, Zitatsammlung, sich selbst sammeln
In einem Weinkeller, wärmer, der erste Frost ist noch nicht durch die Mauern. «Hier ist es genau wie letzte Woche, sagte Aurora, die in ihrem Alter eigentlich hätte wissen müssen, dass jede Jahreszeit langsam heranflutete, dass der Winter in Wellen kam wie das Meer an einer wilden Felsenküste – aber dennoch war sie nicht zu alt, dass sie nicht mehr gern kommentierte was ihr auffiel.«
(Elisabeth Knox, Der Engel mit den dunklen Flügeln)
10. July 18
· Autor: admini · Kategorie: Bücherregal, PGI, Zitatsammlung
»Ein Anblick, ein Gefühl, bewirkt diese Welle im Geist; lange bevor er die dazu passenden Worte formuliert; und beim Schreiben (so mein derzeitiger Glaube) muss man dies einfangen, und zum Funktionieren bringen (was allem Anschein nach nichts mit Wörtern zu tun hat) und dann, wenn sie sich im Geist bricht und überschlägt, bewirkt sie Worte, die zu ihr passen.«
(Virginia Woolf, Brief an Vita Sackville-West in: der Leuchturm/Vorwort von Hermione Lee)
10. July 18
· Autor: admini · Kategorie: Bücherregal, PGI, Zitatsammlung, botanie
»Wahrscheinlich sind Sie noch nicht so oft mit einem Pflanzenführer durch die mexikanische Wüste gestreift, um zu versuchen, die dort wachsenden wilden Agaven zu identifizieren. Dieses Hobby bereitet bei weitem nicht so viel Vergnügen wie etwa das Beobachten von Vögeln, da viele Agavenarten fast nicht auseinanderzuhalten sind. Und die Agaven, die verschieden aussehen, verdienen aus biologischer Sicht nicht unbedingt, unterschiedlichen Arten zugeordnet zu werden – es handelt sich dann einfach um verschiedene Spielarten. …
Howard Scott Gentry … war weltweit die Autorität in Sachen Agaven. Als Pflanzenforscher des amerikanischen Landwirtschaftsministeriums sammelte er aus vierundzwanzig Ländern Exemplare der Pflanze zusammen. Er war der Ansicht, dass Taxonomen (die manchmal Lumper oder Splitter genannt werden, je nachdem, ob sie viele Arten zusammenwerfen oder zu viele Variationen in verschiedene Arten aufspalten) im Falle der Agave zu kleine Trennungen vorgenommen hatten. … befürwortete dagegen, Agaven nach den Eigenschaften der Blüte zu klassifizieren – wenn dies auch bedeutete, dass Botaniker bis zu dreißig Jahre warten müssten, um ein Exemplar blühen zu sehen, das sie dann identifizieren könnten.«
(Amy Stewart, Botanisches Barbuch)
3. July 18
· Autor: admini · Kategorie: Bücherregal, PGI, Zitatsammlung
»›But this is something quite new!‹ said Mrs. Munt, who collected new ideas as a squirrel collects nuts, and was especially attracted by those that are portable.«
(E.M. Forster, Howards End)
16. June 18
· Autor: admini · Kategorie: Zitatsammlung
»Erfahrungen führen immer auch in den Bauch der Wörter. Kaum hat man gelernt, dass die Dinge mit den Jahren verblassen, beginnen sie es zu tun. Benachbart der Augenblick in dem das Glück unmöglich ist, weil es nicht dauert, »Du wirst mir fehlen!« Das heißt, du wirst nicht sein. Wir werden zurückbleiben. Auch wir werden nicht bleiben, werden im Augenblick der Fülle die Entbehrung antizipieren. Nicht als Geschmacksverstärker des Augenblicks entfaltet der Kummer die Macht, mit der Zukunft den Moment zu fluten. Die Getrennten stoßen in den Hohlraum vor, der jeder und jede auch ist, in den Hof, den sie zurücklassen werden. Die Kontur der Abwesenden verrät: die unwiederbringliche Person ist Teil einer jeden Person.
… Es ist wie wenn man in der Bahn mit dem Rücken zur Fahrtrichtung sitzt: zwar wird jeder Gegenstand kleiner, aber er bleibt lange im Blick, und immer noch – während er schwindet und ihm Geschwindigkeit und Richtung der Bewegung seine Proportionen diktiert – kann man ihn entziffern. Denn jetzt wendet er etwas nach außen, das man, dicht dabei, nicht sieht: das Abschiedhafte.«
(Roger Willemsen, Der Knacks)
9. June 18
· Autor: admini · Kategorie: Bücherregal, Zitatsammlung
»Die Ewigkeit könnte nicht mit mehr Gewissheit und Bedeutung beginnen als der Frühling. Durch diese Notiz wird die Ewigkeit des Sommers wiederhergestellt.«
(Henry D. Thoreau, Tagebuch I)
»Der Mensch von heute hat keine Zeit mehr, folglich auch kein Heute mehr und kein Jetzt. … Er hat buchstäblich die Zeit verloren. Er wird in dem digitalen Kontinuum einer gesellschaftlichen Pseudozeit hin und her geschubst. So versteht er es nicht mehr, in den Tag hineinzuleben. Die Lektüre von Thoreaus Tagebuch kann unseren subjektiven Zeitsinn wieder stärken … Das Tonikum dieser Tagebuchsätze hilft gegen mentale Verwahrlosung unter dem Diktat einer digitalen All-Zeit.«
(Rainer G. Schmidt, editorische Notiz in: Henry D. Thoreau, Tagebuch I)