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Okta Logue | 29.09.16 | Werk II

»Portugal. the Man’s deutsche Reincarnation mit Schlaghose und Rüschenhemd.«
(Hr. Walte)

In jedes Konzert trägt der Konzertbesucher etwas von sich mit hinein. So fließt ein ausgelassen entspannter Frühherbsttag am See in ein Konzert dessen Musik die Farbe von selbstgemachten Honig hat, und in einer beglückenden Aufführung von Hotel California kulminiert.

Die Bühne bevölkert sich, und der Blick wird als erstes von einer weiß leuchtenden Erscheinung in Schlaghose und Hemd in Anspruch genommen, wodurch ein unmittelbares Rockys-Gefühl auflebt. Verstärkend kontrastierend wirken die farbenlichte Ausleuchtung der Bühne und die bunten Gitarrengurtmuster. Es ist alles vorbereitet und eingestimmt um sich in eine jedweden auf dem zurückliegenden Zeitweg fassbaren Musikstil mitreißende Ausweitung legendärer Musikjahrzehnte hineinfallen zu lassen. Es schillert, glitzert, funkelt, rauscht und kracht, während man sich doch samtweich von allen Musikpartikeln eingefangen fühlt in diesem wunderbar gediegen chilligen und doch wirbelnd vorwärtstreidelnden Musikkosmos von Okta Logue.
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Yob | 23.09.16 | UT Connewitz

Black Cobra. Musik als Hochleistungssport. Der Trommler trommelt einiges weg. Sowohl er als auch der Gitarrist und Sänger scheinen als Ziel zu haben möglichst viele Töne in möglichst kurzer Zeit zu absolvieren. Als halb hypnotischer Eindruck aufs Sehzentrum durchaus annehmbar.

Yob. Konzertbeginn während wir noch an der Seite sitzen. Seitlicher Blick auf die ersten Köpfe vor und zurück schüttelnden Reihen. Alle sind genau im Gleichklang bis auf einer, der langsamer ist, und nur hin und wieder denselben Einsatz trifft, ansonsten tingelt sein Oberkörper immer irgendwo außerhalb der Menge schwankend. Fühle mich identifiziert verbunden.

Komme nicht umhin bei insgesamt vier Männern mit langem, leicht lockigem Haar, darüber nachzudenken, wie es kommt dass die meisten Heavy Metal-Musiker Locken zu haben scheinen. Man verzeihe den unwürdigen Gedankengang, aber ob sie sich über Nacht wohl kleine Zöpfchen flecht…

An einer Stelle beginnt die Musik mit einem sehr interessanten, sirenenhaften Flirren, über das die rhythmisch schlagenden Saiten und Trommeln gezogen werden. Alles natürlich in gemächlich stimmigem und optimalem Haarwurf-Takt. Das Grölen und Schreien ist sehr ausdrucksgewaltig, wenn gesungen wird, erinnert die Stimme frappierend an eines der letzten Lieder in der Rocky Horror Picture Show, … das, kurz bevor das Schloss gen Transylvania abhebt.

Der Sänger ist ein hervorzuhebend frohgelaunt strahlender und freundlicher Mensch. Immer mal wieder reißt er kriegerisch beide tätowierten Oberarme hoch, lächelt dem Publikum glücklich zu, und grölt tiefdurchdringend und aus dem Publikum hallt ihm der Gruß begeistert entgegen. Zu Ende verabschieden er und die anderen der Band sich aus den ersten Reihen mit sehr realen Handshakes.

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Emma Ruth Rundle ::: Wovenhand | 22.09.16 | UT Connewitz

»christlich-schamanistische Fundamentalisten spielen Metal auf Country-Basis«
(Hr. Walte)

Ein Dröhnen und Bohren begleitet den Weg aus dem Reich des Schlafes in die Welt die wir die Wirkliche nennen …

Emma Ruth Rundle. Ein zierliches Wesen dessen Stimme weit in Raum und Zeit greift. Der Gesang der anfangs nur von einer verstärkten Akustikgitarre, aus der immer wieder unvermittelt dröhnende aufhallende, klaffende Akkorde gesetzt werden, begleitet wird, ist wie das Meer das an einen Strand anschwappt, Welle für Welle sich anhebend und sich dann leise verschwindend zurückzieht, und darüber der Gezeitenwechsel. Oder wie der Wind der mal sachte knisternd Blattwerk durchraschelt und sich im nächsten Moment anschickt alles zu entwurzeln. Er ist wie das Ein- und Ausatmen des Lebens. Zugegeben mehr an von Menschen fernen, von Nebel umgebenen Orten. Man sieht Küsten und Lichtungen im Morgengrauen, keine Großstädte, nicht den hektischen Puls großer Menschenmengen. Das war vielleicht einmal, und mag auch wieder sein, wenn sie Bestandteil der Marriages ist. Man sieht die gedankenvolle Einsamkeit einer abgeschiedenen Seele. Der an- und abebbende Effekt der Stimme wird durch vor und zurückwiegenden Tanz um das Mikrofon verstärkt.

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Abay | 15.09.16 | Naumanns

Der Vorfranzose mit Sonnenbrille unterm klabauterblauem Haar betritt die Bühne im dämmrigen Saal und bittet nach der ersten Darbietung um mehr Licht, bitte, und nach der zweiten um mehr Dezibel. Herr Walte unterstellt dem ernstzunehmenden Künstler Hiroshimas Schabernack. Musikalisch werden Anlehnungen oder vielmehr Mischungen aus Grunge und Radioheadgesang zelebriert. Die Nichtsingstimme erinnert durch das weiche und sonore Timbre mit der die deutschen Wörter aussprachegenau geformt werden, und nur einen dezenten französischen Klang beilegen, überraschend und delokalisiert an Pierre Brice.

Abay beginnen mit The Queen is Dead. Das trommelwirbelnde sich weiter und weiter steigernde Schlagzeug setzt den Traum eines perfekten Konzerts in Gang. Erhaben. Spannungsgeladen. Tänzelnd. Leicht. Beschwingt. Voller Abwechslung und Kurzweil. Und dazu der sichtliche Spaß auf und vor der Bühne, nicht zuletzt angetrieben vom vierzigjährigen Jungspund Aydo Abay der während der Lieder kaum still halten kann, und während der Zwischenansagen mit tiefenentspanntem Humor seine hartnäckigsten Fans aus Blackmailzeiten sacht dirigiert.

#mein Freund das ist nett, aber weist du, ich bekomm das Bier hier umsonst, du musst mir keines ausgeben
#ich kann jetzt nicht mit dir reden, ich bin noch auf Arbeit

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EF | 25.08.16 | Naumanns

Jævlig varmt er det, her i himmelen

Es mag eine weite Strecke im Jahreslauf gedauert haben, doch eines Abends geschieht der perfekteste Sommerabend den es geben kann. Nicht kalt, alles ist von sanft heruntergekühlter Luft umgeben. Der Biergarten am Felsenkeller liegt wohlig ausgereckt auf bereits blättrig raschelnd bedecktem Boden unter den Bäumen. Herr K. reizt wieder das Kombinationsspiel mit Bestellung, Einlass und verrinnender Zeit bis ins Letzte aus, doch jeder Anflug von Unruhe und nervöser Erwartung wird in der entspannten Sommerabendlaune aller umgebenden Biergartenkulturteilnehmer sogleich verweht.

Nach erfolgreichem Abschluss der Nahrungsaufnahme auf Zeit schlendern wir, stolpernden Wurzeln weichend, wieder zu den Treppen vor dem Einlass, erwartungsfroh was als Vorband gegeben wird.

Dort treffen wir auf den Institutsleiter und Dame C., die dicht an dicht mit anderen Treppenstuflern vor dem vom Gesprächsrauschen summenden und vibrierenden Eingang lehnen. Wie nett, sie warten auf uns, dabei hätten sie doch auch schon reingehen können. Noch ganz im Biergartenflair und Zauber des lauen Sommerabends gefangen, dringen die eröffnenden Gesprächsinhalte nur langsam zu mir. In seinen gewohnt fulminanten Geistessprüngen fantasiert und webt der Institutsleiter nahezu ohne Begrüßungszeremoniell wie im Wahn ein Parallelwelt-Gespinst, von Sauna-Aufgüssen auf der Haut der spielenden Band, alles umwringenden Nebeldunst, zischenden Siedewasserklängen auf High-Hats und Zimbeln, alle Konzertbesucher in Handtücher umwickelt … wie immer begeistert von der überbordenden vor nichts Halt machenden und auch vor keinem Sujet aus Ehrerbietung zurückschreckenden Vorstellungsmacht des werten Kollegen, bin ich doch auch etwas aus dem Tritt gebracht, und es scheint, nur die Hälfte dessen was er uns nahebringen will, schwappt an mein Bewusstsein heran, das sich auch halb mit dem bevorstehenden Vertrautmachen eines noch unvertrauten Konzertraums befassen muss, und überdies plötzlich mit der Sortierung von weiteren drängenden Fragen abgelenkt ist. Wir haben die Vorband verpasst? Wieso stehen alle draußen? Und was mag dem Kollegen nur widerfahren sein, das ihn so aufwühlt? Sollte ihm die sicherlich fiebernde Stirn vermessen werden? Und wieso klären wir das im Weiteren nicht drinnen? Er scheint mir wie jemand, der etwas sehr wichtiges mitzuteilen hat, doch es aus unerfindlichen, sicherlich ins Tiefenpsychologische reichenden, Gründen, einfach nicht direkt auszusprechen vermag.

Ich nicke ihm noch einmal aufmunternd und wie ich hoffe bestärkend zu … dann betreten wir den Raum, die Zeit bleibt einen Moment stockend und wie nach Luft japsend stehen. Luft mit Persönlichkeit. Es ist ja neblig, dunstig und heiß wie in einer Sauna hier drin!

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Neurosis | 15.08.16 | UT Connewitz

Vorband Tesa. Dezibel- und stimmungsintensiv einwiegender Lärm für Neurosis. Erst recht kurzweilig, dann doch mit Längen durch fehlende Leitmotive in den Liedern. Zerrgeräusche von Dauer. Türkise Beleuchtung ruft kürzlich gelesene Pilgerepisode des Institutsleiters in nächtlicher Herberge wach, und genauso malt sich mir nun schauerlich doch auch faszinierend der die Pilger damals des nächtens heimsuchende Lärm aus. Basshebel, momentelang wird ein pfeifendes-Wind-Geräusch simuliert. Teile des Gehörs werden aus Sicherheitsgründen deaktiviert. Der Rest des Abends wird in Unterwasserakustik verbracht.

Neurosis. Eine wunderschöne e-Holzgitarre in den Händen von Steve von Till ziert die ersten Stücke. Als der erste Gesang einsetzt umspült er die strapazierten Rezeptoren des Gehörs wie das weiche Wasser der Brandung an einem milden Sommertag das Sein, und wird sogleich von einer Welle aus Krach fortgerissen. Grandios wuchtvolles und exaktes Spiel. Doch Sauerstoffmangel und ohnehin reichlich mitgebrachte Müdigkeit reduzieren die Aufmerksamkeitsfähigkeit leider beträchtlich. Und die akustische Verarbeitung taucht immer tiefer ab, in die dumpfe doch irgendwie auch zufriedene Stille unter Wasser, während über der Wasseroberfläche ein Orkan lärmt. Neurosis stehen über derlei Fokussierungsproblemen. In konzertiertem Energiegestüm erklingen unermüdlich die Saiteninstrumente, das Schlagzeug und die Klangklöppelbank wie aus einer titanischen Schmiede, und erschaffen etwas über die Dauer eines bewusstseinsumnebelten Konzertabends hinaus.

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Dinosaur Jr. | 7.06.16 | Täubchenthal

Egyptienne-Schriftzug über Wolkenköpfen. Draußen lauschiges Chilloutareal in Abendsonne. Ein Großteil des Publikums scheint über vierzig und verjüngt sich für die Dauer des Konzerts zu hüpfenden Sechzehn. Der Sound ist anzunehmenderweise bewusst verwaschen und verrauscht. Das Geräusch eines Saiteninstrumentes, das mehrmals schnell hintereinander whoang whoang whoang macht. Mittendrein zwischen dem leicht vor sich hin zappelnden Punk, unterlegt meist von J. Mascis ruhiger und leiser, immerzu leicht fern und melancholisch wehmütig klingender Stimme, ein paar Einlagen die leicht Richtung heavy metal gehen. Es geschieht selbst oder gerade in der musikalischen Verwaschenheit viel. Doch in all der freundlichen Enge des Zuschauerraums und drückender Hitze bleibt die Aufmerksamkeit immer wieder flirrend zwischen der gandalfwallenden in sich ruhenden Pracht von J. Mascis Haar und dem dazu dipoligen wild herumgeschüttelten, oft antlitzverhängenden Haarmopp des anderen Saitenmannes hängen, während sich wie nebenbei ein glücklichzufriedenes Konzertgefühl einstellt, das Sein umwattet von gitarrigem Krach.

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Petula ::: Me and My Drummer | 4.06.16 | Parkbühne Geyserhaus

Die Vorband Petula besteht aus einem optisch sehr an Kristofer Åström erinnernden Typ, der ein Shark-T-Shirt trägt. Die Musik gitarrenschwer von Elektronik unterwandert, und das gefühlvoll geloopte Gesamtarrangement bildet mit beeindruckender Wucht einen ausfüllenden Freiraumklang.

Der Gesang dehnt sich von sanften Songwritertönen über kopfhoch exaltiert bis vollkommen Twin Peaks-geflippt, dazu ausschweifende Gestik die an die hohe Schule David Eugene Edwards reicht. Wenn man White Whine gesehen hat, dächte man, das ausgeflipptest Mögliche gesehen zu haben. Doch die Erde ist groß. Ein Erinnerungshauch Muse, Roman Fischer. Und Helge.

Wie immer von der schlafwandelnd sicheren, wie beiläufigen Präzision sich selbst loopender Künstler beeindruckt. Ein abschließender Dank geht nicht nur an die Hauptband, das Team und die Veranstalter, sondern auch an all jene die ihm vorher beim Joggen durch den Park zugewunken und angefeuert haben. Der Abgang wird durch die sich nicht öffnende Tür in der Bühnenmitte erschwert, und sogleich stilistisch durch sich seitlich davonschleichende Pantomime gerettet. Ein gewisser Andrang am dort befindlichen Merch-Stand zeugt von entfachter Begeisterung.

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Spain | 24.05.16 | Werk II, Halle D

Dehnt sich in einem leider viel zu menschenleeren Raum Musik um so weiter aus um alles auszufüllen? Es gelingt ihr jedenfalls im Fall von Spain. Die einzeln verteilten Barhocker, an einem jedem ein Pärchen sitzend, die Dunkelheit des leicht rauchnebligen Raumes, und die sehr reduzierte und damit bewegend klare und weiche Musik verbinden sich zu einer zur Ruhe gekommenen, beinahe stillstehenden Szenerie, in der jede Schwingung einzeln in den Fokus zu gleiten scheint, jeder Ton umso intensiver bewundert werden kann, und das Staunen über die Perfektion der Musiker von dem geborgenen Glück umhüllt wird, dass die in ihrer vielschichtigen Schlichtheit strahlende Schönheit der Musik in einem zum klingen bringt.

Das Gefühl erinnert manche an Dirty Old Town, andere glänzen mit einer Vorstellungskraft der es gelingt sich Cake ohne Trompete vorzustellen. Zwei Beschreibungen einer Musik die nur leicht an etwas rühren können, was vollkommene Musikhingabe ist. Die meist sehr ruhig abgestuft gesetzten Bassläufe, die sich dann hin und wieder in eine kleine Melodie einfinden, klar akzentuiertes und sich variierendes Geschehen an der Gitarre, das hin und wieder ein bisschen Unruhe und Dissonanz in das melodiereine Gefüge setzt, im jazziges Gegenspiel zum Schlagzeug auf dem viel gezimbelt wird, und über all dem die Stimme eines Erzählers, erzeugen traurige Melancholien und mitreißenden Drive, Scheppern, elektronisch verstärkten Saitenlärm und gemäßigt wild durcheinanderflirrenden Krach der wattig weich aufgefangen wird. Und all das durchwringt vom Blues.

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Einar Stray Orchestra | 11.05.16 | UT Connewitz

Aus der trauben Samtalen zieht sielsches Band um Vogelgezwitscher die wissdurstige Merksamkeit ogen Bühne.* Sonocheben der supporten vil Musik zuckrigsüßer franziler Klang eines dänischen Stimmbandes, der sodanngleich in skand’auneschen Koloratheresen verschwaundet wie eine Haillusination. … Ist dwis eine elektrinsische Zahnbürste ram Drum Pad?

Mennesken Einar Stray Orchestrålend erströmen UTene Bühne. Tre Musik stürmt ein. Wiewucht. Klas Schlagwerk klungt auf urmittelbahnste Weise unpluggen. Thrasymachos bund folgende Weisen dunnern sich wiemitten Kiespapier angeschmiergelt kornd angeraut heran. Es kelingt herfavorragend. Wieminner scheinen wievolle Lieder liebleicht vermändert, varsonifiziert, justiriliert, dawasimachs Zuhörungen durchs spannweitenden rund rätselnem Erlebsten.

Neuder Bassmann oftzwar ninchs Gehörsch dam Anderende in bühnerelation zuunserstem Hörstand punkt, doch er hellheitert glee Stimmung währweiles Zwischenplänkels er geseintes Repertitorium andeutschen Sprächen zu Späßten siebt.

Culminus in »läuft«.

Dinzwidritte Violinistin füngt sich älsware sien schimmer teilsen kuns beklanggeistert bühnenreich. Merinnungen ans feenglanze Singe dersten Violanstimne. Anüberwältigend wiedauernde Begeistung besonderings Wandlunuancen drineinander schönstimmfließender Blumengebinde.

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AnnenMayKantereit | 26.04.16 | Haus Auensee

Das ausverkaufende Publikum unterscheidet sich in kaum wahrnehmbaren, schwer zu benennenden Details vom Publikum MaryLinMansons. Doch irgendetwas wirkt anders am Haus Auensee.

AnnenMayKantereit auf der Bühne, irgendwo da unten, da vorne. Der Stimmklang aus dem Mikrofon klingt erst verwaschen dumpf, doch scheint sich bald entweder zu verbessern, oder das Gehör und -hirn nimmt die übliche Tätigkeit des Gestaltens der Wirklichkeit auf. Denn, nicht zuletzt wegen der Stimme, sind Gehör wie -hirn heute abend hier. In wenigen Stücken wird die mögliche Niedrigstfrequenz der Stimme ausgelotet, ein klein wenig rau, wie auf hoher See. Doch selbst wenn die Gestaltung einiger Textzeilen einen verbrauchten, dreckigen Klang anvisieren sollte, so klingen AnnenMayKantereit immer wie die gutaufgelegten und von Grund auf sympathischen Jungs, die sie vermutlich sind, als wären wirklich finstere Abgründe im eigenen Innern ihrem Wesen nach nicht möglich.

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Doom over Leipzig | 15.04.16 | UT Connewitz

Regennasses Sonnenleuchten funkelt in den Bäumen eines sonnigen Aprilabends. Am Hauptbahnhof besteigen Graf Dracul und seine hochgeschätzte Gattin Linie 11. Am Himmel vereinzelte tiefblaue Wolkenflecken auf weißem Flaum.

Addaura. In den vorab gehörten Soundcloud-Beispielen sehr anschmiegsamer Krach. Live sehr lauter Krach. ::: Thaw erfreuen mit polnischem Soundcheck. Im Stück bleepst, klackerts, hämmerts und driepst es gehörig, und all das bleepsen, hämmern, driepsen und klackern wird immer mal wieder von homogenen Lärm zugedeckt. Rotes Stroboskopleuchten scheint träger als andere Wellenlängen. ::: Dead to a dying World im Soundcheck. Der Sänger grölt in sein Mikrofon. Danach überwuchtet ihn die kleine zierliche Sängerin mit ihrem Schrei, bei dem man sich instinktiv nach Deckung umsieht. ::: Cult of Luna …

… M.O.N.D. Das bedeutet Luna. Die Bühne ist zunehmend in lunaren Nebel gehüllt, den langsam ein bläuliches Leuchten durchdringt. Die aufmerksame Seele ist an einem Ort angekommen an dem sie verweilen kann. Sternengefächerte Lichtstrahlen zerdrehen die Bühne, im Wechsel mit wirbelnden Lichtkegeln. Und die Musik gleitet hindurch, und schwappt heran an die Gestade der Müdigkeit. So müde wie in den Zeiten von Isis …

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Laura Mardon ::: Walt Hamburger ::: Yotam ::: Joey Cape | 31.03.16 | Werk II D

This life is strange. It steals away | Attained to wealth and wisdom | Misread in fatalism | This life is strange. A measured mess | Of miles ran and junk possessed | This life is strange. It fails to entertain | A vain attempt. The dull escape. || Joey Cape, This Life is Strange ||

Vier Menschen mit goldenem Herzen und Gitarre auf der Bühne. Laura Mardon mit leuchtend seidiger Stimme und Melodik. Walt Hamburger mit durchschlagender Verve und ungestümer Frohnatur die sich in meist selbstbewitzelndem Humor äußert. Yotam Ben Horin mit Texten von denen viele im schönen Zwischen der Vergänglichkeit des Lebens angesiedelt scheinen. Und Joey Cape, der Mann der eines der traurigschönsten Alben voll Erkenntnis und darin eingehülltem Lebensglück geschrieben hat, in dem sich Worte, Musik und seine Stimme zu etwas verbinden, dass sich unmittelbar, wie durch einen Regentropfen verzerrt und vergrößert, wie das Leben selbst anfühlt.

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Nick Hudson ::: Toby Driver ::: Radare | 12.03.16 | Tipi

nicht in der black lodge. im tipi.

die black lodge ist kein ort in unserer wirklichkeit.
menschen in einem raum den es nicht gibt.

Ein Nachmittag in lustigem Grau. Samma eh aus Wien zu Besuch. Der Hafen. Grafik. Huhu. Hi. Ton. Backstein. Das Wort Posthipster wird geprägt. Postdylan. Postbote. Plagwitz. Fotokabine. Digger Barnes ernstzunehmendes Antlitz von plakatierten Häusermauern. Und danach eh ins Zest. granny smith sweetpotato fritter / sorrel sour cream / chipotlé tofu [spicy] / grilled guacamole . port wine tofu pakoras / sundried tomato polenta roulade / baked eggplant cream and marsala reduction / cima di rapa in kalamansi garlic butter . hazelnut rosemary loaf / caramelized onion and brandy cream / king oyster mushroom ragout with sansho pepper / salad out of baked »la ratte« potatoes and baby carrots, avocado oil, basil and lime . Schnecken. Raspelzunge. Laufen. Kreuzung. Autos. Straßenbahn. Wird eh Zeit. Abgeholt. Eh wieder Plagwitz.

Unser Informant ist ein blinder Bär. Wir folgen seinen Hinweisen. Nach kurzem orientierungslos verlorenem Treiben finden wir schließlich den Zugang ins Tipi. Das kleine Rechteck des Tipis wird durch einen farbprächtigen Teppich und zwei holzwirkenden Metallpfosten eingesäumt. In das Tipi wurden zwei Schlagzeugsets gepfercht, Tasten, ein Stuhl, gerade so. Orgel, eh eng. Die Verständigung zweier Menschen in derselben Sprache beruht, abgesehen vom Gesagten, auf dem Vorgang des Hörens, und der darauffolgenden Verarbeitung des Gehörten im Gehirn. Das störungsfreie Funktionieren dieses komplexen Zusammenspiels bei der Vielzahl an plastischen Synapsenverbindungen is eh Wunder. Zumal wenn es sich um nicht wahrnehmbar verschlüsselnde Sprecher handelt.

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The Dead South ::: Max Paul Maria | 18.11.15 | Die Nato

blue grass. the canadian blend. Banjo! Bier! Bärte!

Wir begeben uns in den lebendigen und fruchtbar von blauem Gras bewachsenen Süden Leipzigs. Auf der Veranstaltungstafel über dem Eingang der Nato sind die Buchstaben The Dead South befestigt. Daneben parkt ein Van mit offener Seitenschiebetür. Davor zwei herumalbernde Bandmitglieder die eine Art Froschgejaule von sich geben. Unser Weg scheint in letzter Zeit sehr oft in die Nato geführt zu haben. Man wähnt sich von lauter bekannten Gesichtern umgeben.

Vorband. Kräftige und sympathische Stimme, Wechsel auf e-Gitarre bringt schrägere und wildere Töne zum Vorschein. Junge Regenwölfe balgen sich unbändig. Hauptrolle in einer der vielen Geschichten die die Band später zwischen den Stücken erzählen wird. »Max driving the car on tour and sometimes comes this wonderful string of german words out of his mouth. That’s the words I wanna learn. Obviously the good stuff.« Bleibe eine Weile verehrend an der Formulierung wonderful string of words hängen.

On Stage. The Dead South. Aus Regina, Saskatchewan. Nate Hilts, Scott Pringle, Colton Crawford, und auf dieser Tour Erik Mehlsen. Ein stromzerfetzendes Zerstörgeräusch zu Beginn. Im Cello steckt Bass! Hochfrequent plektrierende Klänge aus der Mandoline. Vubrierendes Streichen aus dem Cello. Banjo! Bier! Bärte! Der Hauptsänger Nathaniel Hilts erinnert an eines der drei Musketiere in einer jahrzehntealten Verfilmung. Ausplingende Akkorde auf der e-Gitarre. Hüte! Die Harmonie. Der Gesang! Ein kleiner Bach fließt über kiesige und sandige Untergründe. Oder offenbart die nicht übersüße Milde eines recht feinen Whiskey-Likörs. Dazu der herbe Bassklang aus dem Cello. Harsch. Scotch. Soul. Blues. Das Schnippen. Pfeifen. Kehlkopfhohes Backquoir-Summen, reißende Saiten. Die Show! Der Style! Die Bewegungen, der Tanz, Stomping, Foot Drum. Musik die immer in Bewegung bleibt, selbst wenn sie für einen Moment stillsteht, einfriert, leise wird. Verstummt. Good Company. Gäbe es nur ein einziges Lied auf Erden und wäre es dieses, so wäre es in Ordnung. Auch wenn es dann that Bastard Son nicht gäbe. Es wird das berückendste Cover von Rising Sun das je existierte gegeben. Gezupfte Saiten. Unheilvoll vibrierende und dräuende Mandoline. In einem Zugabe-Lied das etwas Russisches in sich trägt und dies in Hei-Rufen übers Publikum verteilt, steckt sogar ein klein wenig Humpa. In einem anderen verschichten sich die an drei Instrumenten gezupften Saiten zeitlich vertaktet zu einem grandios benebelnden wie berauschenden Effekt. Cello Folks!* Band Humor.** Das Bild wie sich drei Bärte neugierig über das Mandolinensolo beugen. Erstaunen der Band. »room full of people«. Freude des Publikums. Konzertbesucher neben mir bestätigen sich glücklich: »Das war einwandfrei.«

Es ist Musik die die Geselligkeit der menschlichen Natur feiert und auf diese Weise leuchtend froh und unbeschwert macht. Musik die von Anbeginn aus so vielen Einflüssen zusammengeflossen ist, dass sie immerzu weitere in sich aufnehmen kann. Und schließlich als weiter Strom in den Ozean gelangt.

* Cello, im Auslaut homophon zu Hello

** In diesem Zusammenhang scheint es sinnvoll auf die x-file-Biographien der Bandwebsite zu verweisen, dort mit dem Cellisten Danny Kenyon

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