18. August 20
· Autor: admini · Kategorie: Zitatsammlung, stream of monologue
»Zwei Jahre lang hatte ich mich darin geübt, das Sprechen zu verlernen. Zugegeben, es war mir nicht gelungen. Die Sprache die ich gelernt hatte durchdrang mich, und sogar wenn ich schwieg, war mein Schweigen beredt. Ich sprach innere Monologe, sprach unentwegt in die Sprachlosigkeit hinein. Der Klang meiner Stimme jedoch hatte sich in mir verfremdet. … wanderte durch eine Landschaft in der jeder Laut im Moment seines Entstehens verhallte. Der letzte Satz den ich ausgesprochen hatte, war gewesen: ich kann nicht mehr … ein vibrierender Punkt. Danach war etwas zugeschnappt. Die Anstrengung die es kosten würde, dort weiterzusprechen, wo ich aufgehört hatte, stand gegen die Sinnlosigkeit in Worte zu fassen, was sich nicht ausdrücken ließ.
… Wieder seufzte er. Diesmal leiser. Wer so seufzt, dachte ich, ist nicht nur irgendwie müde. Fühlte es mehr, als dass ich es dachte.«
(Milena Michiko Flašar, Ich nannte ihn Krawatte)
15. August 20
· Autor: admini · Kategorie: Bücherregal, Zitatsammlung, stream of monologue
»Mit dem durchschnittlichen Menschen hingegen ist es völlig anders; rund um die Uhr denkt er über die verschiedenen Dinge nach, auf allen mentalen Ebenen. … in seinem Bewusstsein wimmelt es von Überlegungen, die an Zunge und Lippen weitergegeben werden, in die Kategorie privat und persönlich fallen, oder sich auf die Kellergewölbe des Ichs beschränken. … einem Telepathen bietet sich der menschliche Geist als ein Tollhaus dar. Er ist ein Hauptbahnhof, in dem alle Lautsprecher gleichzeitig dröhnen … Passagiere versuchen sich gegenseitig zu übertönen … Konzentrat aller UKW-Frequenzen …«
»Sie schwiegen eine Zeitlang und grübelten. … für mich sieht die ganze Sache folgendermaßen aus. … Bevor ich ihm zuhörte, ähnelte ich allen anderen. … ich war verwirrt und unsicher in bezug auf einige bestimmte Einzelheiten des Lebens an sich. Aber jetzt – Knallwinkels Miene erhellte sich – bin ich zwar immer noch verwirrt und unsicher, doch auf einer höheren Ebene. Wenigstens weiß ich nun, dass ich von den wirklichen fundamentalen und wichtigen Geheimnissen des Universums nicht die geringste Ahnung habe. … du hast völlig recht. Simon hat die Grenzen der Unwissenheit erweitert. … die beiden Männer sonnten sich in dem herrlichen Gefühl weitaus weniger zu wissen als gewöhnliche Leute, die nur von gewöhnlichen Dingen nichts wussten. … (Zwei Dienstmädchen mit Besen kommen, die Zauberer gehen, noch immer diskutierend), über die unabsehbaren Konsequenzen der Unwissenheit die Simons Genie der Welt offenbart hatte.«
(Terry Pratchett, Das Erbe des Zauberers)
vgl. Zweig, Kellergewölbe des Bewusstseins