Wienwirkungen 2 | 11.08 bis 14.08.10
Wien. Eine Stadt wie ein Mosaik. Wie die Welt. Und wir wieder drin. Wieder in Wien.
0 | 1 | 2 Zwei Bildbände für Wien die ich gerne herausgeben möchte | 3 | 4 | 5
Besucht man einen Ort zum zweiten Mal zwingen an die eigene Person gebundene, das heißt nicht sehr starke, Mem-Überbleibsel der ersten Reise Elementen der zweiten Reise ihren Stempel auf. Man muss sich das so vorstellen dass, nachdem man selbst die Stadt verlassen hatte, die kleinen Meme irrlichternd durch die Gassen der Stadt stromerten, doch aus Anhänglichkeit oder Schüchternheit sich an keine andere Person anheften, sich nicht verbreiten konnten. So waren sie gezwungen des Leben eines Gassen-Mems zu führen. Ergreifend und es möchte einem das Herz zerreißen, wenn man daran denkt wieviele noch junge Meme man allein auf sich gestellt zurückläßt. Jederzeit. Immerzu.
Kehrt man nun wieder in die Stadt zurück, flitzen die Meme freudig auf einen zu. Um Aufmerksamkeit wedelnd. Natürlich ist gerade die Art Mem, die nicht auf andere Menschen überspringen konnte, recht klein, und somit der wirkbare Einfluß nicht groß. Es kann sich nur in Kleinigkeiten bemerkbar machen und in Erinnerung rufen. Wäre es stärker und größer wäre es ja bereits verbreitet, erfolgreich und hätte nicht mehr als einen müden Seitenblick für den ursprünglichen Schöpfer seiner selbst übrig. So sans, die Meme.
Doch immer wieder finde ich es erstaunlich wie viele meiner Meme es vorziehen, anstatt in die große weite Welt zu wandern, mich zu umschwirren und mir allein zur Freude zu gereichen. Meine Meme scheinen besonders anhänglich und mit meiner Person vollauf zufrieden. Natürlich, manchmal wünschte ich mir sie würden groß werden, ganz und gar alleine klar kommen. Erfolg haben. Andererseits bin ich natürlich gerührt dass sie sich niemand anderem anbieten wollen und ihnen dafür umso mehr zugetan.
Und so habe ich in den Stunden die wir in der Morawa-Buchhandlung von einem Buch zum nächsten blätternd und die Abteilungen durchwandernd verbracht haben, weder den Bildband Toiletten der Wienerinnenstadtrestauranteure – Abenteuer Design vorgefunden, noch Entgleisende Mimiken Wiener Figuratüren – Gesellschaftskritik oder bildhauerisches Mißgeschick?
Bildband Eins. Entwicklungserlebnis des Ursprungsmems 2009. Im designschnieken Restaurant Österreicher im Mak werde ich von der Waschbeckeninstallation in Verwirrung gestürzt und in ingenieursgrübelndem Einhalten aus meinem Alltagsschwung ausgebremst. Ein Wasserhahn ist in eine Tischplatte eingelassen. Das sind sie natürlich meistens, doch auch der Wasseraustrittskanal ist über der Tischplatte und nicht über einem Becken oder Ähnlichem angebracht. Ähnliches befindet sich daneben, und zwar in Form eines halbquadratmeter großen Abflußgitters, aber so, dass das aus dem Hahn sich ergießende Wasser pritschelnd auf der Tischplatte und nicht im Gitter landen würde. Irritation. Kunstinstallation? Suchender Rundumblick. Richtiges Waschbecken? Erfolglos. Hier oder nirgends. Ziehe mit langgedehnten Armen am Wasserhahngriff. Unter dem Abtropfgitter wird eine kleine Wasserfontäne angeworfen, die sich weich nicht spritzig etwa 6 cm über das Gitter erhebt, in einem perfekt austariertem galanten Bogen.
Die Österreicher. Habens drauf. Im Jahr 2010 stürzt sich das zurückgelassene Faszinations- und Begeisterungs-Mem auf mich und lenkt meinen Weg in das Cafe neben der Morawa-Buchhandlung um die dortigen Anlagen zu besichtigen. Und ich stelle erneut fest. Wiener Toiletten in der Innenstadt sind meist ein Erlebnis. Das Abenteuer beginnt hier gleich beim Betreten des bereits geschlechtergetrennten Vorraums durch die offenkundig sichtbaren Toilettenschüsseln, abgetrennt durch eine Wand, die aus durchsichtigem Glas besteht. Verunsicherung. Bin ich bisher durch zufällig immerzu intransparente Toilettentrennwände fälschlicherweise der Vorstellung verhaftet gewesen, diese dienten dem Sichtschutz? Schamgefühl. Ich überlege kurz ob ich träume, denn die Situation entspricht genau denjenigen aller meiner gesellschaftsparanoischen Träume die sich um öffentliche Toiletten drehen. Aber das Realititätsgefühl ist unzweifelhaft. Entscheide mich für die Toilette, die um die Ecke liegt. So kann ich mich langsam an die neuen gesellschaftlichen Begebenheiten gewöhnen und vor allem, schnell und eilend, werde ich wenigstens nicht schon beim Hereintreten gesehen. Doch beim Verschließen der Tür (wozu eigentlich, jeder kann doch in diesem Fall sehen das besetzt ist? Logikfehler, Traumindiz) wird das Glas mit einem Schlag matt, undurchsichtig. Gerettet, durch Mut und Subroutine-Handlung.
Die Österreicher. Sehr komisch.
Bildband und Mem Zwei ist etwas für den feineren Blick und Grübler und an obigen Figürchen entfacht. Ich frage mich wie es dem Schaffer dieses dämlichen Löwengesichts damals ergangen ist. Stunde um Tag an dieser Mimik herummeißelnd. War er erst geschlagen mit der Erkenntnis dass ihm der Gesichtsausdruck des Tieres im Mißlingen begriffen war? Hat er sich sodann damit abgefunden und mit der Vorstellung, dass so noch viel mehr Betrachter ihre Freude daran haben dürften, getröstet? Oder hat er sich von Anfang an mit hämischen Plan und tanzender Freude an die Bemeißelung dieses Ausdrucks gemacht, immer wieder in der Arbeit innehaltend um sich minutenlang darüber zu zerprusten? Wie dem auch sei, als ich wiederum an der in der Burganlage Wache haltenden Figur vorbeiging, setzte schon minutenlang vorfreudiges Kribbeln in mir ein, eine Wiedersehensfreude die mit nichts anderem vergleichbar ist. Der schiefe Blick 2010 geht an den Lichtkugelhaltegeier am Eingang des Burgtheaters. Und ich bin mir sicher dass sich derartige Schätze zuhauf an den Mauern von Wien finden.
whity · August 24, 2010 @ 04:56
wow, das musste ich jetzt ganz in Ruhe lesen (und wiederholt in Ruhe lesen) um die Details der höheren Sphären der Monika’schen Schreibkünste aufnehmen zu können. Aber sag mir eines: warum hast du einen Bären an Wien gefressen?
P.S.: die “Konzertfreuden” sind ja sowas von out of date!
admini · August 24, 2010 @ 22:04
Wie schön dass mein Text Dich unfreiwillig in Ruhe stürzt. Las ich doch soeben in der National Geographic den wundervollen Weisheitssatz über grönländische Robbenjäger: “Es ist diese enorme Fähigkeit zur Ruhe, für die sie so bewundert worden sind, [...]. Wir alle haben dieses Monster in uns, und wir haben es übermächtig gemacht, weil wir es mit ständig neuer Ablenkung füttern, statt ihm Einhalt zu gebieten. Jäger wie Paulus sind noch in der Lage, das andere Extrem zu leben: seine Konzentration ist nichts anderes als die völlige Abwesenheit von Ablenkung.” Ich frage mich ob man nicht auch ohne Robben zu jagen zu dieser Ruhe finden mag
Bären an Wien: neinnein. In Wien ist man Torte, meistens Sacher, aber auch gerne Mozartbombe oder andere Kreationen aus Marzipan und Persipan, Schlag Obers, …
Konzertfreuden: war ein Test ich eile und aktualisiere flugs … und das übrigens auf einem völlig niegelnagelneuen Rechner, da ich den blauen fatal memory error-Bildschirm auf meinem Notebook nicht mehr alle 3 bis 4 Stunden sehen wollte. Fühle mich gerade sehr wehmütig …
admini · August 24, 2010 @ 22:04
haha, in dem ganzen schrieb ist ein lustiger Rechtschreib- und Sinnfehler. Wer findet ihn?
walte · August 25, 2010 @ 21:20
Hab ihn! “Wienerinnenstadtrestaurateure” *gnahaagrmmmpffffhihi*
admini · August 26, 2010 @ 08:06
ohh, ähhh, … den meinte ich doch gar nic…