Xiu Xiu plays the music of Twin Peaks | 1.10.15 | Die Nato
… the gum you like is coming back in style …
Twin Peaks naht. Es nähert sich durch das Wiedererblühen der heimischen Orchidee Phalaenopsis, durch das nächtliche Ambiente unserer Unterbringung in Mataelpino, voller Nadelbäume, die Gebäude scheinen alle aus demselben Holz wie das Real Great Northern Hotel, der Ortseingang wird von einem beeindruckenden Ortsschriftmonument geziert, und die Nacht hat diese besondere Konsistenz aus der die Log-Lady spricht und der Ruf einer Eule im Ohr wiederhallt. Es nähert sich durch die imposante Norfolktanne in Noja, die vor einem renovierungsgerüsteten kleinen Palacio steht. Und es nähert sich durch Xiu Xiu plays the music of Twin Peaks. Die dritte Staffel rückt nah.
Die Treppe. Der Deckenventilator.
Minutenlang gibt es nichts als das auf der Leinwand, und ein beinahe unter der auditiven Wahrnehmung liegendes dumpfes, fächerndes, waberndes Geräusch. Dann betreten Xiu Xiu die Bühne, ein metallischelektronischer Herzschlag wird an einem Gerät eingestellt und schließlich vom wunderbar klaren hellen Klang des Vibraphons, den klassischen Tönen der meist so sanft wie der Hauch des Namens Angelo Badalamenti gedrückten Tasten des Pianos, nicht näher identifizierten Störgeräuschfetzen, wuchtigen und distinkten Schlagzeugeinsätzen und dem ewig jung klingenden 50er-Sound der Gitarre umringt.
Das Set ist so variationsreich und dabei so durchdringend wie die Atmosphäre und Charaktere von Twin Peaks. Augenblicke die beinahe still zu stehen scheinen wechseln mit von einer wie entfesselt wirkenden Band dargebotenem hochflirrendem und kreischenden Hard Core, vermischen sich mit mal sacht schwebender und dann imposant donnernder Klassik am Piano, Blues und Jazz mit das Innere nervös verzerrenden, aus tiefer Kehle mystisch wabernden Gesangsdarbietungen von Jamie Stewart. Das alles ist durchsetzt von … in einem dunkel im Wald liegenden Eisenbahnwagon … geschmiedeten Geräuschsequenzen, und plötzlich scheppernd gewittrigen Schlägen auf die allen drei Xiu Xiu-Mitgliedern immer bereitstehenden High-Hats, dazwischen Phasen der Stille, der leise beruhigende doch unheilverkündende brummende Ton beim Blick in die Wälder.
Die Leinwandszene wechselt hin und wieder zu einem in Zeitlupengeschwindigkeit im Wind umhergeworfenen nächtlichen Nadelwald. Der Sänger schüttelt eine größere Percussionnuss direkt ins Mikrofon, angeschlagene Glöckchen werden sogleich wieder mit der Hand zum Schweigen gebracht. Ein Fingerschnippen. Um die drei Bandmitglieder die sich ab dieser Tour jeder auf die Bühne des Roadhouse wünschen wird, scheinen sich Figuren aus Twin Peaks zu versammeln, allen voran abwechselnd Leland Palmer, James Hurley und Bob um die Figur des sich in rückwärts und stotternd abgespulten Tanzsequenzen verrenkenden Sängers, während Audrey Horne sehnsüchtig und geistverloren um die Vibraphonistin kreist. Nur Dale Cooper bleibt fern, doch hat er ja auch schon ein ganzes Quartett beseelt.
Der Zauber der Serie ist von Xiu Xiu perfekt in der musikalischen Umsetzung des Soundtracks eingefangen, matt funkelnd, geheimnisumwoben. Es ist die tiefdunkle Süße von Schönheit die von Düsternis umgeben ist.