AnnenMayKantereit | 26.04.16 | Haus Auensee
Das ausverkaufende Publikum unterscheidet sich in kaum wahrnehmbaren, schwer zu benennenden Details vom Publikum MaryLinMansons. Doch irgendetwas wirkt anders am Haus Auensee.
AnnenMayKantereit auf der Bühne, irgendwo da unten, da vorne. Der Stimmklang aus dem Mikrofon klingt erst verwaschen dumpf, doch scheint sich bald entweder zu verbessern, oder das Gehör und -hirn nimmt die übliche Tätigkeit des Gestaltens der Wirklichkeit auf. Denn, nicht zuletzt wegen der Stimme, sind Gehör wie -hirn heute abend hier. In wenigen Stücken wird die mögliche Niedrigstfrequenz der Stimme ausgelotet, ein klein wenig rau, wie auf hoher See. Doch selbst wenn die Gestaltung einiger Textzeilen einen verbrauchten, dreckigen Klang anvisieren sollte, so klingen AnnenMayKantereit immer wie die gutaufgelegten und von Grund auf sympathischen Jungs, die sie vermutlich sind, als wären wirklich finstere Abgründe im eigenen Innern ihrem Wesen nach nicht möglich.
Unbefangen finden sie sich in weitreichenden Musikstilen und Zeiten ein, ein Hauch Amerikana, die Gitarre eines Liedes ruft ein Echo aus Loupita herbei, Blues, 60s, alles mögliche fließt in AnnenMayKantereit zusammen, und die hin und wieder kunstvoll eingezwirbelte klar überklingende Trompete ist nur ein Beispiel dass das Handwerk sitzt und die Kunst Luftsprünge wie ein übermütiger Welpe macht. Die Laune ist entspannt wie an einem munter vor sich hin plätschernden Bach, die Seele wippt, und das Herz quietscht bei jeder Wendung und jedem geschickt eingefädeltem Spannungsbogen. Doch ihre ganze Tiefe und Größe erreichen AnnenMayKantereit in demütigen Meinungen immer am Klavier.
Soziologische Anmerkung. Sowohl Vorband Lisbeth als auch AnnenMayKantereit spielen ein Lied, in dem zum kritischen Abstand vom jeden Augenblick in sozialen Netzwerken und im smart phone verbringenden Lebensstil ermuntern. Erfüllen des Erziehungsauftrags +3.