Traumthesen ::: verändern, ohne Vorwarnung verschwinden, zufällig zusammensetzen & auflösen
»Fast jede Nacht unseres Lebens durchlaufen wir eine erstaunliche Metamorphose. Unser Gehirn verändert sein Verhalten und seine Bestimmung grundlegend. Es fährt unser Bewusstsein herunter. … Wir schlafen. … Träumen sei ein psychotischer Zustand … wir glauben fest daran dass wir etwas sehen, das nicht da ist. Wir akzeptieren dass Zeit, Ort und sogar Menschen sich verwandeln und ohne Vorwarnung verschwinden können. … Träume entstünden aus dem chaotischen Feuern der Neuronen und hätten, selbst wenn sie voller Emotionen sind, keine Bedeutung. Erst wenn wir aufwachen, setzt das bewusste Gehirn auf der Suche nach Bedeutung aus Einzelteilen rasch ein zufälliges Ganzes zusammen … [vs] … Träumen ist Teil eines gewachsenen Mechanismus … mit dessen Hilfe werden die umfassende Bedeutung neuer Informationen und deren künftige Nützlichkeit eingeschätzt. … im Gehirn während des REM-Schlafs nicht mehr die Regionen der Logik und Impuls-Kontrolle das Zepter führen. Die Produktion zweier Chemikalien, Serotonin und Noradrenalin, wird blockiert. Beide sind wichtige Neurotransmitter, durch die die Zellen kommunizieren. Ohne sie ist unsere Fähigkeit zu lernen und zu erinnern stark beeinträchtigt – wir befinden uns in einem chemisch veränderten Bewusstseinszustand. Doch es ist kein komagleicher Zustand wie im Tiefschlaf. Unser Gehirn ist sehr aktiv und schluckt ebensoviel Energie wie im Wachzustand. … wenn wir natürlich schlafen, also ohne Wecker, beendet der letzte Traum oft unseren Schlaf. … wenn Licht durch unsere Augenlider die Retina berührt, wir ein Signal an eine tiefe Hirnregion gesendet, den Nucleus suprachiasmaticus. Das ist bei vielen Menschen der Zeitpunkt, an dem sich der letzte Traum auflöst. Sie öffnen die Augen und befinden sich wieder im wirklichen Leben.«
(Michael Finkel, Der gute Schlaf, in: NG 18/08)