Port O’Brien & Get Well Soon | 2.12.08 | Schaubühne Lindenfels | Teil II

Port O’Brien.

Und dann wurde es Winter. Und dann wurde es Weihnachten.

Get Well Soon. Zeit für einen Blick auf die spektakuläre Szenerie. Die Schaubühne Lindenfels glänzt mit einem verfallenen, putzabblätternden Konzertsaal als wäre sie die große Schwester des Ut Connewitz. Säulen und eine Balkonreihe schmücken den Blick nach vorne auf ein kleines Halbrundgewölbe, das die Bühne birgt. Wie erwähnt haben wir Premiumlogensitze im hinteren Bereich, zwar ohne Mühe, aber doch errungen. Vor uns senkt sich Sitzreihe um Reihe nach unten, und davor breitet sich etwa 50 Meter das fittere Publikum stehend aus.

Und in diese an sich genügende Kulisse vergangener Zeiten hat irgendein Wahnsinniger genug technisches Beleuchtungsspielzeug geschleppt um ein kleineres Stadion auszuleuchten: über die ganze Raumlänge schweben in unterschiedlichen Abständen und Größen lampiongroße, mattweiße Weihnachtsbaumkugeln wie getupft. Von mindestens weniger als ein Viertel bis 1 Meter Durchmesser. Sie lassen dank der Lichtshowankündigung auf MySpace Großes erwarten.

Und in dieses Bild erklingen die Klänge des jahrmarktwahnsinnigen, psychedelischen, akkordeonunterlegten ersten Liedes der »Songs against the Glaciation«. Jeden Moment wird der King’sche Clown Pennywise unter den Riesenweihnachtskugeln erscheinen und auf die Bühne springen. Und er wird uns alle fliegen lassen.

Auf dem Sitz wetzend mit diesem kribbeligen Theatergefühl im Bauch beobachtet man wie die 7-Mann-Frau-Besetzung sich auf die Bühne begibt, vorbei an zahllosen im Weg stehenden Instrumenten. Der verfallene Konzertsaal und die bald aufglimmende Technik steigern sich in ihrem Gegensatz pompös zur Größe der Musik. Musemörderischer Beginn, Weihnachtskugeln blinkern hellblau an- und ausgeknipst über den Köpfen des Publikums, und am rechten Bühnenrand breitet sich über dieses mächtige Geschrammel eine Kirchengesangsengelsstimme wie ein Ave Maria.

Und wie im Zauber vergeht Lied um Lied, manchmal mit Austin-Powers-technicolor-bunten-kinderaugenleuchtenden Weihnachtskugeln, dann wieder melancholisch-herzbeengend wie die bewegten Seefahrtsbilder die in den zwei goldenen Bilderrahmen die über der Bühne hängen abgespielt werden. Bis man gezwungen ist wieder daraus aufzutauchen und in den Allwintertag zu stapfen. Nun bewaffnet mit der Musik im Herzen, die einen bis zur nächsten Ewigkeit tragen wird.

2 Kommentare
  1. whity · December 12, 2008 @ 18:51

    “… bewaffnet mit der Musik im Herzen, die einen bis zur nächsten Ewigkeit tragen wird.”

    Wow! Ich bin ja ein Fan von Renzensionen, in denen die direkte Benennung des Tollseins um jeden Preis vermieden wird. Darum hebt der Premiumleser den imaginären Hut und grämt sich, nicht dabei gewesen zu sein.

  2. admini · December 13, 2008 @ 14:13

    Achja. Das hatte ich ja ganz vergessen. Gut dass Du mich daran erinnerst. Es war grandios. Phänomenal. Gaaaanz Groß. Die Band war wie Toll!

    ;-)

    Na wenn Du brav wiederkommst dann können wir hoffentlich mal alle zusammen mit imaginären Panamahüten zu einem Get Well Soon-Konzert gehen und die Hüte vor Ihnen lüpfen.

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