… nie krank zu sein | Tag 1: Donnerstag
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Trotz noch nicht verstrichener 8h Schlaf erwache ich leicht wenn auch nicht nur leicht zerschlagen. Die Arbeit ruft, es gibt vieles was unbedingt heute erledigt werden muss, denn morgen soll das Wochenende schon mittags beginnen. Eine Freundin kommt zu Besuch, abends steht ein Konzert an, danach Soultanz und Samstag ein Schwangerschaftsbesuch in Jena.
Ungern muss ich mir eingestehen, dass ich ein leichtes Aufwallen kränklicher Symptome verspüre, denen es mit Elan entgegenzutreten gilt. Ich werde schließlich nie krank und verstehe mich inzwischen sehr gut darauf dies mit dem richtigen Maß an Mitgefühl und beinahe entschuldigend kundzutun, wann immer die Menschen in meiner Umgebung der Reihe nach umkippen wie die Fliegen auf einer staubig sonnenbeheizten Fensterbank. Hmm. Ich gebe zu, ein ganz und gar unangemessener Vergleich. Die Fliegen bleiben ja dauerhaft liegen.
Umweg über Supermarkt. Erwerbe 3 Zitronen und einen Apfel. Auf Arbeit nehme ich eine heiße Zitrone nach der anderen erfrischend bitter zu mir. Abends, so der Plan, noch ein heißes Bad. Krankheitssymptome adé. Krankheit ich kenne Dich nicht, und Du weißt nicht wo ich wohne. Unsere Wege werden sich nicht kreuzen. In zwei verschiedenen Welten leben wir. Auch ein norwegischer Exotenhusten kann daran nichts ändern und meinem Immunsystem nichts anhaben … wie, er hätte mich bereits? Wie hätte es jemals soweit kommen können?
Erinnerungen ziehen an mir vorbei und ich betrachte sie auf der Suche nach einer Erklärung. Letztes Wochenende, als wir nach der grandiosen Rodeltour durch klirrende Windeseile und aufstiebenden Pulverschnee bibbernd eine Stunde durchnäßt auf den säumigen Bus warten mussten. Eine eiskalte Zugfahrt durch schneebedecktes Land. Winter und Kälte überall. Fatal.
Der Tag zieht sich elendlich aber damit habe ich gerechnet. Ich huste und huste mit unverkennbar norskem Einschlag auf den ich sehr stolz bin. Die Kollegen werfen gutherzig Hustenbonbons nach mir. Einerseits bin ich gerührt, andererseits muss ich doch abwiegeln. Es ist nichts. Ich werde nie krank.
Endlich Feierabend. Kurz mit dem Besuch besprochen. Das Bad scheint inzwischen akut notwendig um mich der lauernden Krankheit nochmal zu entreißen. Nach dem Bade krieche ich mit noch nassem Haar zu Bette und schlummere friedlich ein. Ich gebe zu, dass das eventuell ein Fehler war. Immer wenn ich doch einmal krank werde, dann reagieren auch meine Ohren empfindlich und mit heftigem Schmerz. Ich weiß das und trotzdem nahm ich mir nicht mehr die Zeit die Ohren fachgerecht trockenzulegen und zu umhegen. Zu schnell zog mich der Schlaf in seinen tiefen Schlund.